»Die Stillen gehen unter...«

Seit wann ist eine öffentliche Anschuldigung ein Beweis?

...die Lauten brüllen sich in den Mittelpunkt«. So war es schon immer! Ja. Nichts Neues. Schon klar. Und dennoch: im Social-Media-Zeitalter bekommt diese Redewendung eine ganz neue Dimension. Kritiken, Reviews, Forenbeiträge, Twitter-Geschrei und Kommentare werden bei Medienanalyse-Zwecken als quantitative Messeinheiten herangezogen, um Statistiken und vermeintlich repräsentative Grafiken zu erzeugen. Nur: die stillen Leser oder diejenigen, die ihre Meinung nicht äußern, werden gar nicht mehr mit einberechnet. Es gibt keine Quote für Lesebeteiligung (wie die Wahlbeteiligung), Umfragen für die stillen Leser (»Warum kommentieren Sie nicht?«) oder Ähnliches. In den quantitativen und qualitativen Medienanalysen existieren sie schlicht nicht.

Insofern scheinen provozieren und polarisieren für viele Webseiten-Betreiber eine geeignete Methode zu sein,  um Aufmerksamkeit, Kommentare und Klickzahlen zu generieren (»Clickbait!«). Auch hier lautet das Motto: »Inhalte überwinden!« Argumente im Twitter-Format. Überschriften, die Versprechen machen, die sie nicht einlösen. Zwei‑, Drei- und Vierdeutige Botschaften. Personalisierungen statt Sachdiskussionen. Konflikte generieren. Gezielten Bullshit in den Äther rotzen. Und vor allem: immer und überall laut brüllen!

Was sagt eigentlich Habermas dazu, der Zeit seines Lebens immer an die Macht der »Kommunikation« geglaubt hat?


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2 Gedanken zu “»Die Stillen gehen unter...«

  1. War im realen Leben auch schon immer so, dass die Stillen, die sich nicht in allem zu Wort melden, untergehen, zu Gunsten derer, die expressiv sind und mit der größten Schnauze aufwarten... Teilweise das Schweigen sogar als unausgesprochene Zustimmung gewertet wird.

    Mit dem Provozieren kenne ich das selbst ein bisschen, obwohl ich mich nun strukturell nicht zu den Marktschreiern hinzuzählen würde.
    Es gibt schließlich Dinge, wo man das getrost machen kann, und Dinge, wo man das besser unterlässt, es sei denn, man will sich lächerlich machen oder böse Briefe bekommen.
    Wo man versucht zu provozieren, sei also immer so überlegt, dass man dazu stehen kann, wenn einen jemand darauf anspricht. Sonst ist das nur das übliche Herumgetrolle und Gepöbele mit Beschimpfungen unter die Gürtellinie — Qualität gleich null. Das Heischen um Aufmerksamkeit... (Warum stellt man sich dann nicht auf den Marktplatz und brüllt dumme Phrasen in die Gegend? Sieht einen schließlich auch jeder bei...)
    Je nach dem, was man sich für ein Subjekt heraussucht, kann es dann unterschiedlich ausfallen wie man die Sache angeht: Manchmal ist es nur eine Überschrift, manchmal ist ein einzelner Satz die ganze Provokation und der ganze Inhalt, ein anderes Mal die Art und Weise etwas darzustellen (aber nicht zwingend der Inhalt), wiederum ein anderes Mal ist es der komplette Inhalt selbst oder dann die sprichwörtliche Faust aus einem völlig unbedarften Inhalt, also etwas in den Details, die nicht gleich ins Auge springen.
    Provokation ist also auch was, was man können muss — und dafür braucht man vor allen Dingen erst mal Inhalt. Etwas, worauf man herumtrampeln will, und Wissen wie es funktioniert.
    Ohne Wissen ist es nicht besser als wenn man einem Schimpansen Farbtöpfe und Pinsel gibt und er danach wild damit in der Gegend umherspringt ( = kommt nur heilloses Chaos bei heraus, aber keine Substanz oder Message, was man denn nun aussagen will, aka u. a. »mit Dreck werfen«).

    Persönlich, würde ich sagen, finde ich diese inhaltlosen Provokationen vom geistigen Anspruch her ziemlich unterfordernd.
    Pöbeln, nur weil man keine andere Möglichkeit findet, sich in den Mittelpunkt zu stellen, ist irgendwie... ziemlich primitiv. Zugleich dann eben auch langweilig. Es fehlt das Futter fürs Gehirn. Es fehlt das gewisse Etwas, was einem sagt »das Ganze hier hat einen Sinn — und deswegen ist es keine Zeitverschwendung«.
    Die Marktschreier, die dauernd Aufmerksamkeit brauchen, stehlen einem nur die Lebenszeit davon. Es ist nicht mal billige Unterhaltung.

  2. Wer schreit hört auf zu denken!
    Somit ist wer schreit ein Idiot! Und meistens auch noch ein Religiot!

    Meine Zustimmung erträumen diese Völlig Geistig Unterbelichteten mit Akademischem Abschluss oder auch ohne nur!

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