Neulich am Strand...

Was einmal Geist hieß, wird von Illustration abgelöst.“ Theodor W. Adorno. Minima Moralia. Suhrkamp Verlag. 8. Auflage 2012. S.160

Drei junge Bikini-Bienen unterhalten sich über die vermeintlich perfekte Körperbräune von Männern und darüber, wie viel Muskeln wirklich attraktiv seien. Es ist schon erstaunlich, wie sehr uns Werbung, Musik-Videos und Hollywood-Filme beeinflussen, prägen und konditionieren. Jeder Körper wird am Strand bewusst (und unbewusst) beäugt, begutachtet und bewertet. Groß oder klein, dick oder dünn, Fettanteil, Körperbau, Muskeln, Gesicht, Körperbräune, Rundungen, Hintern, Beine, Haare — alle diese Kriterien kommen schon in die sofortige Endnote, bevor man auch nur ein Wort miteinander gewechselt hat. Sicher, Aussehen spielt immer und überall auch eine Rolle. Nur die mediale Photoshop-Instagram-Youtube-und-Facebook-Generation befördert und bevorzugt eine idiotisch-infantile Fokussierung auf den Körper. Ich weiß nicht, ob mir das gefällt. :nene:


»Neulich...«

14 Gedanken zu “Neulich am Strand...

  1. Keine Ahnung, wo Du bisher gelebt hast, aber m. E. ist das schon so, so lange ich lebe, also mindestens seit 45 Jahren. Es gibt noch 3 Dinge, die das zusätzlich beeinflussen: Status, Reichtum und Leumund. Keine 14 Jährige ohne mindestens einem 18 jährigem Freund mit Automobil. Kein angesagtes und teures Klugscheißfon spazieren zu führen, schmälert auch die Aussicht. »Haste den, gesehen? Der sieht ja wirklich schnucklig aus, aber Dings hat gesagt, dass....« Dann bist Du für immer aus der Nummer raus. Die Entwicklung kitzelt da nur das aus dem Menschen raus, was schon immer da war. Das ist bei einem Raubtier, was ständig tötet, obwohl es schon längst sattgefressen ist, logischer Weise nicht viel. Liebe ist eben nur Projektion und Beziehungen sind permanente Machtkämpfe. Fickportale, wie Tinder tragen, ob Ihrer Funktionsweise, dem nur Rechnung. Der Mensch ist kein Schwan und wird sich auch nie, wie einer, entwickeln, auch nicht durch Gentechnologie und Gehirnwäsche. Anstelle den Stand der Ehe für alle auszudehnen, sollte dieser unsägliche Zustand komplett eingedampft werden, denn das würde der menschlichen Natur wirklich Rechnung tragen. Steuervorteile wegen des wöchentlich gleichen Fickerlebnisses gehören nicht in das 21. Jahrhundert. Gut für die, denen das ohnehin egal ist, denn die haben ihren Spaß und verschaffen auch Deinem Geschlechtspartner die fehlende, sexuelle Befriedigung.

  2. @Eike

    »...wegen des wöchentlich gleichen Fickerlebnisses...

    Das ist aber schon unrealistisch. Ich kenne da so einige Ehen, da gibt es ‑wenn überhaupt noch- alle paar Monate mal einen »Akt«. ;)

  3. Ach Mönsch @Andreas, — also wenn ich mit meinem ergrauten Adoniskörper und eingezogenem Bierbauch über den Strand stolziere, und die jungen Dinger hinter mir her pfeifen höre, dann erfüllt mich das schon mit eitlem Stolze :-) Gut, — man muss das jetzt nicht so ernst nehmen, — aber @Eike, — interessant ist es schon, dass die deutliche Zunahme einer Körperkultur mit recht exibitionistischem- wie ebenfalls Bewertungscharme innerhalb der letzten zwanzig Jahre, — ebenfalls unter das Genre fallen, — dass war ja schon immer so. Sicher, war es schon immer so, — aber es gibt Dinge, die kann man zurück schrauben, oder eben steigern. Dieses Timbre des; Das war ja schon immer so, — hat für mich einen üblen Beigeschmack.

  4. »Keine Ahnung, wo Du bisher gelebt hast, aber m. E. ist das schon so, so lange ich lebe, also mindestens seit 45 Jahren«
    Vor 45 Jahren gingen nur Bodybuilder und professionelle Sportler in Fitnesstudios. Schönheits-OPs ohne medizinische Indikation waren eine Seltenheit. Selbstdarstellung bei Männern gab es nur im Sinne von »mein Haus, mein Auto, mein Garten«. Falsche Nägel sind heute Mainstream.
    [...]
    Und die Ergebnisse dieses Körperkultes werden als Selfies dann auf Facebook, Instagram und co. gepostet.
    Live kann ich das Ganze auch jeden Tag mehrmals beim Gassi gehen im Stadtpark beobachten. Die 14–40 jährigen drehen da völlig frei.
    Schräg sieht dabei das Zusammentreffen mit einer anderen größer gewordenen Bevölkerungsgruppe aus: Verhüllte Muslimas mit ihren Kindern.

  5. Das kenne ich schon aus der DDR so. Auch wir haben gnadenlos Körper gescannt; wer zu dick oder völlig unsportlich war, fiel durch’s Raster. Die Bandbreite war nur etwas größer — wir waren noch nicht komplett auf Hollywood/Porno-Standard gepolt.

    Auch Statussymbole spielten eine Rolle, wenn auch nicht in dem Maß wie heute — kann aber auch daran gelegen haben, dass es bestimmte Dinge einfach nicht gab:
    Hattest Du ein S51, warst Du König. Mit ’ner TS/ETZ 150 schon Kaiser und mit ’ner 250-er TS/ETZ dann unerreichbar.
    Wer über spendable Verwandte Zugriff auf Westsachen hatte, hatte ebenfalls einen gewissen coolness-Faktor.

    Auch was die Pflege/Aufzucht der eigenen Brut anging, wurde geprüft. Einkommen und Statussymbole waren da weniger gefragt, weil alle gleich wenig hatten. Wichtig waren damals handwerkliches Geschick, gute Beziehungen (für Baumaterial, Westklamotten etc.p.p.) und Zuverlässigkeit (Halodri oder eher Brutbeschützer).

    Man hat allerdings in den meisten Fällen den Charakter nie ausgeblendet, d.h. eine TS 250, Westklamotten und Beziehungen haben den Arschlochstatus nicht ausbügeln können.

  6. @Holger

    »Man hat allerdings in den meisten Fällen den Charakter nie ausgeblendet, d.h. eine TS 250, Westklamotten und Beziehungen haben den Arschlochstatus nicht ausbügeln können.«

    Charakter? Was ist das? Wo kann ich das kaufen?

  7. @€B »[..]die deutliche Zunahme einer Körperkultur mit recht exibitionistischem- wie ebenfalls Bewertungscharme innerhalb der letzten zwanzig Jahre[..]« Kann ich nicht erkennen. Das, was sich geändert hat, ist damit überall in die Öffentlichkeit bzw. Netzwelten zu begeben.Wie ich schon schrieb: »Die Entwicklung kitzelt da nur das aus dem Menschen raus, was schon immer da war.« Anders ausgedrückt, man kann in den Menschen auch nichts hineinlegen, was nicht da ist.
    »Sicher, war es schon immer so, — aber es gibt Dinge, die kann man zurück schrauben, oder eben steigern.« Ich habe keine Kinder in diese Welt gesetzt, bin also an der Entwicklung nicht schuldig.
    »[...] wie ebenfalls Bewertungscharme innerhalb der letzten zwanzig Jahre[...]« ist nur Zeugnis, dass der Homo möchtegern sapiens sich in keinster Weise entwickelte. Ein Instrument, was jede Marketingabteilung ausnutzt. Schnelle Bewertungen waren zu Grottenzeiten wichtig für das Überleben. Das es heute gerne auch benutzt wird, um den Nachbarn in die Pfanne zu kloppen oder sein eigenes Unverständnis technischer Produkte oder nur seinen schlechten Geschmack für alle sichtbar für mindestens die nächsten 30 Jahre zu zementieren, liegt am persönlichen Ansinnen und der Prägung der Menschen.

    @mordred »Vor 45 Jahren gingen nur Bodybuilder und professionelle Sportler in Fitnesstudios. Schönheits-OPs ohne medizinische Indikation waren eine Seltenheit.« Es gab ja auch noch keine Fitnessindustrie in Deutschland, die Leute haben sich dann halt ähnlich, wie Rocky beholfen. Aber auch die Bundesregierung hatte infrakstrukturell schon Trimmdichpfade aufgestellt. Zudem konnten die Leute auch nicht überall mobil nachlesen, wie man selbst oder wer da wie etwas bewerkstelligt hat oder haben könnte. International sah das mit den Studios und Ops schon damals anders aus, siehe auch Film- und Theaterproduktionen, etc. pp..

    @Holger »Einkommen und Statussymbole waren da weniger gefragt, weil alle gleich wenig hatten.« Ein lustiges Gerücht,dass sich nur deswegen hält, weil es die Leute in der damaligen, eigenen Filterblase betraf und man auf Facebook oder bei der Stasi nicht für sich selbst recherchieren konnte. Das ist in etwa so plausibel, als hätte es in der DDR keine Prostitution gegeben. Leipziger Messe? Ist das noch ein Begriff? Oder Siegfried Kath? https://www.sz-online.de/sachsen/der-unfassbare-siegfried-3944042.html

    »[...]haben den Arschlochstatus nicht ausbügeln können.[...]« Auch ein Gerücht, was keiner Prüfung Stand hält. Erstens: Wer definierte denn das Arschloch? 2. Wer würde sich selbst dazu rechnen? 3. Wer hat wie wen und warum geheiratet oder ist eine Partnerschaft (gleich, welcher Art) eigegangen? 4. Wie weit geht man selbst — nur für Luxus?

    In einer Gemeinschatf über 150 Leuten setzen sich, unabhängig vom vorherrschendem System, grundsätzlich die Arschlöcher durch.
    Die daraus resultierenden Kriege und Revolten werden immer Zeugen dessen sein.
    Man kann sich natürlich auch daran anpassen. Man kann es aber auch lassen.

  8. @eike, du hast mich nicht verstanden. Es ist auch nicht so, dass du unrecht hast, — aber das Timbre des »Es war schon immer so« ist auch gleichzeitig der Totschlaghammer, sich damit zu beschäftigen, die eigenen Eitelkeiten anzugehen, die Eitelkeiten anderer, — ja, — sich überhaupt damit auseinander zu setzen. Das ist der Zustand, in dem Ideologen Dinge treiben, — oder sie zurück schrauben. Sie benutzen, ‑schlichtweg.

  9. @eb Ich begrüße das schon sehr, wenn sich die Leute auch damit beschäftigen, was aber seltener vorkommen dürfte. Nachfragen nach der eigenen Prägung bringen schließlich kein neues Smartphone. Eitelkeit ist etwas, was ich nicht kapiere. Wenn man mit den Anderen nicht will, warum spielt man eine Rolle, wo man nicht nur mit ihnen, sondern über sie hinaus mit ihnen will?
    Eigentlich fasse ich sowass unter Dominanz und damit erübrigt sich ein Zusammenleben und auch ein gemeinsames Handeln auf Dauer grundsätzlich. Da nutzt einem auch das Reclamheftchen zum Rollenspiel nicht mehr.

  10. @Eike
    ....warum spielt man eine Rolle....
    Naja, das Showbiz ist nun tatsächlich eine alte Geschichte, weshalb ich dir ja eben auch nicht unrecht gebe. Die ganze Werbung, Marketing, Parteienstrategien usw. usw. beruhen darauf. Die moderne Arbeitsplatzprofilierung beruht darauf. Sogar so weit, — dass man vom »sich neu erfinden« spricht. Die Agenda2010 hat gar Klavier auf der Eitelkeit des größten Leistungsträgers gespielt. (Wobei auffälligerweise so gut wie fast jeder meinte, dass er das ist.) Deshalb gehen Eitelkeit und Show, grundsätzlich Hand in Hand. Ich find das toll, wenn du damit nichts am Hut hast, — aber das hilft den anderen nicht.

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