Euphemistische Vorwurfsprache

vorwurf_titelIn der zwischenmenschlichen Kommunikation gibt man sich selbst gerne Blankoschecks, um anschließend vermeintlich verletzende und/oder kritische Dinge sagen zu dürfen. Vorwürfe will man so relativieren, abschwächen oder legitimieren, weil man nicht auf sie verzichten will. Dabei sollten klare Ansagen und Aussagen nicht generell im Widerspruch mit Höflichkeit und Rücksichtnahme stehen. Und auch komplett ohne Vorwurfssprache auskommen können. Beliebte Phrasen sind:

Bitte nicht falsch verstehen!“
„Ist nicht persönlich gemeint!“
 „Nichts gegen Dich, aber…“
„Das ist jetzt nicht böse gemeint!“
„Nimm‘s mir nicht übel, aber...“

6 Gedanken zu “Euphemistische Vorwurfsprache

  1. »Nimm’s mir nicht übel« :-) — aber, da leg ich jetzt doch mal ein gutes Wort für solcherlei moderative Höflichkeitsfloskeln ein, — und ich seh da jetzt auch keinen Vorwurf gegen dich. Zudem ist es ja auch nicht persönlich gemeint. Genau genommen, könnte man ja jetzt auch diese zwinkernden, grinsenden oder eine Entschuldigung andeutenden Smileys mit integrieren, welche eine bestimmte Stimmung wieder geben sollen. Gemessen an mitunter recht brutalen Kommunikationsformen, bzw. recht sinnlosem Wechseln gegenseitiger Beleidigungen, würde ich diese harmlosen Floskeln lediglich in ungefähr der Form interpretieren; »Hey, — du hast nichts vor mir zu befürchten und ich hoffe, ich auch nicht vor dir, — aber ich würde mich gerne mit dir friedlich über dieses oder jenes von dir unterhalten«. Das ist jetzt nicht böse gemeint. :-)

  2. @eb

    Schon. Zugegeben, in meinem recht kurzen Anreißer konnte ich womöglich meinen Punkt nicht machen. Mir geht es ja nicht um generelle Höflichkeitsformen, die zwischenmenschlich angebracht sind, sondern um den präventiven Blankoscheck, den manche sich gerne selbst austeilen, um anschließend Kritik, Vorwürfe und/oder Nörgelei vor zu tragen, die womöglich weder passend, noch angebracht ist.

    Auch ein »Nimm’s nicht persönlich, aber...« ist keine Entschuldigung dafür, unangebracht persönlich zu werden. Und wenn der Empfänger es doch persönlich nimmt, fühlt sich der Sender nicht mehr für seine Worte verantwortlich. Man hat sich schließlich mit der Plastik-Phrase präventiv abgesichert. ;)

  3. Moin, gehört vielleicht nur am Rande dazu.
    Beispiel: Jemand verkackt bei einem anderen etwas.
    Z. B. Kinder kloppen sich in der Schule.
    Father sagt zum Kind: Nun entschuldige dich aber bei Tim Florian.
    Das Kind Malte Pfillip murmelt: schullilung und geht knatschig auf sein Zimmer (die X‑Box wartet)
    Nun, hat Tim Florian die Entschuldigung angenommen? Dem Malte Pfillip verziehen?
    Wir und Er werden es wohl nie erfahren.
    Es sei denn, am nächsten Tag gibt›s Fresse.

  4. Hmm, weiß nicht. Verstehe nicht so ganz, was Du ausdrücken willst. Ich habe nichts gegen Phrasen. Phrasen halten auf eine Art und Weise die Gesellschaft zusammen. Nicht jeder kann Kritik deutlich und konstruktiv ausdrücken. Das hat nix mit Blankocheck zu tun. Man muss auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Da leider sehr viele Kritik immer persönlich nehmen, ist der Satz: »Bitte nicht persönlich nehmen.« eher positiv gemeint, wie ich finde. Auch wenn er phrasenhaft klingt. Was ist denn in der Kommunikation keine Phrase?

    Dann kannst Du ja jeden Satz kritisieren, den man unüberlegt ausspricht. Ich persönlich muss entscheiden, ob der Mensch mir gegenüber das ernst meint oder nicht. Nicht alles auf der Welt ist ein Angriff auf die eigene Person. Und wenn einer nicht besonders redegewandt ist, die Meinung aber trotzdem ehrlich ist, dann benutzt er halt Phrasen, um nicht missverstanden zu werden. Ist doch echt nicht so schlimm.

  5. Der Klassiker für die Älteren unter uns:
    „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch.“ war ein Zwischenruf des Bundestagsabgeordneten Joschka Fischer am 18. Oktober 1984 an den Bundestagsvizepräsidenten Richard Stücklen,

  6. Und das in Jeans & Turnschuhen.

    @MT Diese Sätze werden aber nicht unbedacht ausgesprochen! Derjenige, der sie nutzt verfolgt manipulative Absichten, die oft auf Dominanz aus sind.

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