Die USA und die Roten Khmer

khmer_titelEin aktueller Artikel aus den »Blättern«, Ausgabe April 2015, von Nando Belardi mit dem Titel »Kambodscha: Genozid: ohne Täter?« thematisiert den Massenmord der Roten Khmer an der eigenen Bevölkerung im Zuge ihrer Gewaltherrschaft in den Jahren 1975 bis 1978. Hier sollen mehr als zwei Millionen Menschen ermordet worden sein. (Neo-)liberale und Konservative bezeichnen die Roten Khmer oft als »Steinzeitkommunisten«, um sozialistische Ideen nicht nur als rückständig, sondern auch als barbarisch zu diffamieren. Ob die Roten Khmer der kommunistischen oder sozialistischen Tradition überhaupt zugeordnet werden können (oder nicht doch eher dem Faschismus), soll heute nicht mein Thema sein. Mir liegt es außerdem fern, die unvorstellbaren Gräueltaten der Roten Khmer zu relativieren. Interessant ist jedoch die Rolle der USA damals, die gerne verschwiegen oder verharmlost wird.

Professor Nando Belardi betont:

»Die USA hatten 1973 zwar den Vietnamkrieg verloren, aber wie China unterstützten sie die Roten Khmer mit Waffen und Material, um Vietnam zu schwächen.«

Der Autor Mike Head schreibt hierzu am 21. Dezember 2011 auf wsws.org:

»Washington betrachtete Pol Pot als wertvollen Verbündeten gegen Vietnam. [...] Bis 1997 blockierten alle US-Regierungen sämtliche Versuche, Pol Pot und seine Mittäter vor Gericht zu stellen.«

Auch als Pol Pot 1979 durch den Einmarsch der Vietnamesen in Kambodscha als oberster Führer der Roten Khmer abgesetzt wurde, unterstützten China und die USA die Guerilla-Organisation auch weiterhin. Beide Länder hatten ein großes Interesse daran, Vietnam zu schaden. China, weil es seine Position als Hegemonialmacht weiter ausbauen wollte und die USA, weil Vietnam von der Sowjetunion unterstützt wurde (Stellvertreterkrieg). Wikipedia verschweigt das und schreibt lapidar:

»Nach ihrer Vertreibung durch vietnamesische Invasionstruppen wurden die Roten Khmer erneut zu einer Untergrundbewegung und dabei zeitweise von verschiedenen, auch westlichen Ländern unterstützt.«

Keine Rede davon, dass die USA den Roten Khmer auch geholfen haben, überhaupt erst an die Macht zu kommen. Und statt die Förderer beim Namen zu nennen, werden sie hinter der Floskel »westliche Länder« versteckt.

Auch der Journalist Peter Scholl-Latour, der zumindest noch versucht hatte, möglichst neutral zu berichten, erwähnt diesen Fakt nicht in seiner, ansonsten sehr interessanten, Roten Khmer–Reportage »Die Soldaten der Apokalypse«:

Der mehrfach ausgezeichnete Film »The Killing Fields« von Roland Joffé aus dem Jahr 1984, der den Schrecken der Roten Khmer sehr gut eingefangen hat, thematisiert am Rande zwar immerhin den völkerrechtswidrigen massenhaften Abwurf von US-Bomben auf Kambodscha (rund 2,5 Millionen Tonnen, mehr als auf Japan im gesamten Zweiten Weltkrieg, ca. 200.000 Tote), aber verschweigt die direkte US-Förderung der Roten Khmer. Verantwortlich für die völkerrechtswidrige Bombardierung von Kambodscha war der US-Außenminister Henry Kissinger, der dafür nie zur Rechenschaft gezogen wurde. Ganz im Gegenteil: zu seinem 90. Geburtstag richtete die Universität Bonn eine »Henry Kissinger Stiftungsprofessur ein«, die auch von der Bundesregierung mit finanziert wurde.

Die USA haben mithilfe der CIA weltweit demokratisch gewählte Regierungen gestürzt (z.B. Chile), Diktaturen und Warlords herbei geputscht, unterstützt und gefördert (z.B. Irak, Argentinien, Saudi-Arabien) – aber dass sie in der Vergangenheit auch vermeintliche »Steinzeitkommunisten« (Rote Khmer) militärisch unterstützt haben, um andere kommunistische Regierungen (Vietnam) zu schädigen, das soll wohl eher verschwiegen werden. Denn es kann nicht sein, was nicht sein darf.

2 Gedanken zu “Die USA und die Roten Khmer

  1. Genau. Ich war mal in einer kleinen Firma beschäftigt. Mein Chef war Neuseeländer (er war wirklich prima), der auch in Vietnam gekämpft hatte. Er war völlig bestürzt, konnte sich das nicht vorstellen und dachte ich spinne, als ich ihm genau dies sagte. Das ist nicht allgemein bekannt, bzw. wurde immer verschwiegen. Als ehemalige DDR-Bürgerin waren mit die Fakten bekannt.

  2. Die übliche , oft etwas einfach gestrickte amerikanische Vorgehensweise , der Feind meines Feindes ist mein Freund.

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