»Putin-Versteher?«

»Diese Position hat Wladimir Putin schon bei der 43. internationalen Sicherheitskonferenz in München im Februar 2007 ganz klar formuliert: Moskau werde die Doppelzüngigkeit bestimmter westlicher Staaten nicht mehr hinnehmen, die auf die absolute Gültigkeit der internationalen Regeln pochen, diese aber bedenkenlos brechen, wann immer es ihnen in den Kram passt.«

- Le Monde Diplomatique, »Putins großes Spiel«. Mai 2014. S. 4

Anmerkung: Die Doppelmoral des Westens ist elementarer Bestandteil ihrer Ideologie. Völkerrecht, Menschenrecht, Genfer Konvention – gilt allzu häufig als moralische Waffe gegen China, Iran, Nordkorea, Saudi-Arabien, Russland, Venezuela und andere. Wann immer es um eigene Interessen, vornehmlich der Sicherung und Ausbeutung von Rohstoffen, geht, sind diese »Werte« entbehrlich. Angriffskrieg gegen den Kosovo, Afghanistan, Irak und Libyen, weltweite Foltergefängnisse der CIA und internationale Überwachung der NSA, willkürliche Ermordungen durch Drohnen-Angriffe und so weiter. Bin ich jetzt ein »Putin-Versteher« und Anti-Amerikanist?

4 Gedanken zu “»Putin-Versteher?«

  1. die Welt wird immer schneller eine multipolare Welt. An diesen Zustand muss man sich in der Tat erst gewöhnen. Der Schrumpfvorgang der USA ist unübersehbar und er wird weiter gehen. Die Aktivitäten der USA erscheinen Zug um Zug mit Lüge, Billigkeit und Selektivität behaftet. Die Performanz amerikanischen Staatshandelns hat ihre Imperialität verloren. An vielen Ecken bröckelt die Supermacht unaufhaltsam ab: die Kultur als erstes. Der Hollywood-Pop-Way of Life bildet sich zurück zu einer Domäne neben anderen. Kulturen gibt es vielerlei. Dieser mag dies, jene Jenes. Der Umweltschutz: langsam, zu langsam, aber doch unaufhaltsam ist der Umweltschutz im Fortschreiten. Die USA leben zusehends in einer gestrigen Anschauung. Der einzige Beitrag ist die Deindustrialiserung der USA. Moralisch: wer die ganze Welt überwacht, illegale Foltergefägnisse unterhält, im 21. Jahrhundert noch keinen Sozialstaat hat, Angriffskriege führt, in anderen Ländern zündelnd interveniert etc. verliert Zug um Zug jeglichen Anspruch auf moralische Leitung. Politische Macht: Gestern schließt Putin mit China einen der größten Energiedeals mit China. Gehandelt wird nicht in Dollar. Und wer wird in nächster Zukunft mit welcher Währung handeln? Der Dollar ist also nur mehr eine Option unter anderen. Die USA werden im Verhandeln mit Iran als hinderliche Macht gesehen. Der Rest der Welt will ein Auskommen mit Iran. Israel gleitet völlig ab und kapselt sich ab. Lateinamerika hat in den letzten Jahren einen ersten Drall in Richtung Freiheit von CIA-Putschregimen gemacht. Man entwickelt sich eigenständig voran. Die USA bleiben in schlechter Erinnerung. Afrika bleibt ein Fragezeichen. Europa täte gut daran, hier konstruktiv zu arbeiten und aufzuhören über die EU Knebel- und Ausbeutungsverträge mit gerade genehmen Landherren einzugehen. Europa steht ohnehin am Scheideweg: Eigenständigkeit oder Vasall des niedergehenden Imperiums? Dieses versucht noch die Europäer an sich heran zu reißen und sabotiert fortdauernd jegliches Aufflammen europäischer Einigkeit und Handlungskraft. Wird es gelingen mit TTIP die Bindung aufrecht zu erhalten oder wird TTIP gar ein Boomerang, der die Verhältnisse langfristig umdreht?
    Dieser ansetzenden Multipolarität ist es auch zuverdanken, dass die mediale Meinung im Westen zusehends einer völlig anderen in anderen Zentren gegenübersteht. Die eigene sicht ist relativ geworden. Das bloße Setzen auf den Westen und seine Werte reicht nicht mehr. Zu viel Verrat wurde geübt daran. Man erkennt, dass man anderswo legitimerweise eine andere Sicht der Dinge hat. Man erkennt den grassierenden Opportinismus und die zur Schau gestellte Postdemokratie, die nur die Spindoktoren nicht sehen, weil sie in ihrem blinden Fleck operieren. Billige Erzählungen greifen nicht mehr so gut. Man kann nicht Verarmung salopp als Sachzwang durchsetzen und werbetechnisch von Reform reden.
    So werden es also spannende Zeiten.

  2. Bin ich jetzt ein »Putin-Versteher« und Anti-Amerikanist.

    Nööö, bist du nicht. Einfach nur jemand, der noch normal differenzieren kann, zwischen den Eigeninteressen anderer. Und nicht bereit ist, die nächst beste Schlachtfahne zu schwenken, für irgendwelche Blut und Boden-Allüren nach Himmelsrichtungen sortiert. Eigentlich merkwürdig. Da reden alle von Globalisierung, — und niemand versteht’s. :-) Aber Hauptsache, man fühlt sich bei den Guten.

  3. Ach übrigens, die US-Botschaft in Deutschland nimmt sich gerade deutsche Manager vor, damit die nicht nach Russland zum Wirtschaftsforum in St. Petersburg fahren. Wer es doch wagt, darf mit wirtschaftlichen Einbußen in den USA rechnen.

    Die USA wollen auf jeden Fall eine Eskalation mit Russland (und die deutsche Bundesregierung, die EU sowie die deutschen Leitmedien machen fleißig mit). Der Alptraum für sie wäre, wenn die EU und Russland sich einigen oder besser: sich gegen die USA verbünden würden.

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