Presseblick (18)

Die FAZ spricht von »Armutseinwanderer« in Deutschland und meint damit Rumänen und Bulgaren: »Sorgen wegen Einwanderung in die Sozialsysteme machen sich auch im europäischen Ausland breit. 50.000 Einwanderer aus Rumänien und Bulgarien werden in einem Jahr nach Großbritannien kommen, schätzen die Briten.« Klingt ganz nach »Überfremdung« — dem Unwort des Jahres 1993. Als Krönung wird dann noch der unsägliche Hans-Werner Sinn zitiert: »Wer Sozialleistungen in seinem Heimatland in Anspruch nehmen kann, kann nicht in einem anderen Land die Hand aufhalten – aber er darf die Leistungen seines Heimatlandes konsumieren, wo er will.« Aha, aber Unternehmen dürfen sämtliche Infrastrukturen und staatliche Leistungen eines Landes in Anspruch nehmen, während sie gleichzeitig keine Steuern zahlen (Steuerflucht)?

Das ehemalige Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« hat schon lange seinen Titel »Sturmgeschütz der Demokratie« nicht mehr verdient. Mittlerweile ist es die »Kanone des Neoliberalismus« und verbreitet unsägliche Lügen-Propaganda. So auch am 4. Dezember 2013, in dem es in einem Artikel behauptet: »Weltweiten Handel stärken, Armut bekämpfen: Diese Ziele will die Welthandelsorganisation mit einem neuen Vertrag umsetzen.« Die WTO will die Armut bekämpfen? Die Organisation, die weltweite Armut erzeugt, um die Gewinne der Industrieländer aufrecht zu erhalten? Auf diese Idee wäre selbst das Satire-Magazin »Titanic« nicht gekommen.

Die Welt titelt reißerisch »Deutsche können 2014 mehr Geld ausgeben« und behauptet gleich im Untertitel: »Rein rechnerisch haben die Bundesbürger im Jahr 2014 gut 586 Euro mehr in der Tasche.« Während also die Reallöhne weiter sinken werden, die Mieten steigen, die Benzinpreise teurer werden, die Post ihr Porto erhöht, die Kosten für Strom, Gas, Museen, Kino, Schwimmbad und Lebensmittel ansteigen werden, der Niedriglohnsektor, Leiharbeit, unbezahlte Praktikas und prekäre Beschäftigungsverhältnisse weiter zunehmen werden, haben wir dennoch mehr Geld. So langsam fühlt man sich entweder vollkommen verarscht, belogen und betrogen oder unsere sogenannten »Leitmedien« sind alle (äußerst schlechte) Satiriker geworden, ohne uns Leser davon zu unterrichten. Wer soll euch diesen Mist eigentlich noch abkaufen?

Der Redakteur Christian Tretbar, aus dem Tagesspiegel, hält sich sicher für besonders modern, weil er als Mann den Feminismus begrüßt. Im Artikel »Gleichberechtigung in der Politik: Männer in der ersten Reihe« bedauert er, dass in der kommenden großen Koalition nur wenige Frauen die »wichtigen Ministerposten« haben werden. Keine Sorge, Herr Tretbar, es gibt genug Frauen in Spitzenpositionen: Christine Lagarde (Direktorin des IWF), Angela Merkel (deutsche Bundeskanzlerin), Elke König (Direktorin der BaFin), Friede Springer (Platz 8 der reichsten Menschen Deutschlands, Axel Springer Verlag), Liz Mohn (Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung), Hannelore Kraft (Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen), Susanne Klatten (Millionenerbin der Familie Quandt) und so weiter. Und jetzt? Waren und sind diese Frauen besonders einfühlsam, verständnisvoll, warmherzig oder liebevoll? Weil das doch die ureigensten weiblichen Eigenschaften seien, laut der feministischen Theorie? Nein? Ja, dann ist natürlich das Patriarchat (also der Mann) schuld, dass diese Frauen »vermännlicht« wurden. Sorry, aber das grundsätzliche Problem ist nicht, dass wir zuwenig Frauen in Führungspositionen haben, sondern zuviel Neoliberalismus in den Köpfen.

Ein Gedanke zu “Presseblick (18)

  1. »Die WTO will die Armut bekämpfen?«
    Ich kann mir vorstellen, dass die WTO das wirklich will. Im WTO Weltbild ist der freie Handel der Wohlstandserzeuger Nummer 1. Empirie, Geopolitik, egoistische Interessen der Staaten spielen keine Rolle.

    »Rein rechnerisch haben die Bundesbürger im Jahr 2014 gut 586 Euro mehr in der Tasche.«
    Rein rechnerisch geht es mir auch gut, wenn ich ein Bein in Eiswasser und eins in kochendem habe.

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