Der Name ist ein Zeichen

Wer zitiert oder interviewt werden will bzw. ein Buch veröffentlichen möchte, der braucht weder Inhalte, noch eine Botschaft, der muss nicht besonders intelligent, sprachgewandt oder ideenreich sein. Das Einzige was man (neben Beziehungen und ein gutes Selbstmarketing) braucht, ist ein Name. Die Aufmerksamkeits-Ökonomie veranlasst Unternehmen, Journalisten und Verlage, sich vornehmlich auf Menschen zu konzentrieren, die in der Öffentlichkeit bekannt sind. Hinzu kommt, dass die Massenmedien das Prinzip der Personalisierung verinnerlicht haben.

So weit so gut, könnte man sagen. Was sei daran nun bedenklich? Nun, für mich verdeutlicht diese weit verbreitete Haltung, dass Inhalte in der Regel eher zweitrangig sind. Der Promi-und-Experten-Filter selektiert gnadenlos aus und adelt gleichzeitig jede noch so dämliche Aussage von vermeintlich anerkannten Personen. Diese Ausgrenzungsmethode verläuft auf eher subtiler Ebene und zeigt, dass nicht wichtig ist, was gesagt wird, sondern, von wem etwas gesagt wird.

Das Sein wird unter dem Aspekt der Verarbeitung und Verwaltung angeschaut.

- Max Horkheimer/Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, Fischer 2010.

Wenn ein in der Öffentlichkeit unbekannter Mensch, davon sprechen würde, dass Türken nur für den Obst- und Gemüsehandel relevant seien, dann dürfte er schnell als Unperson gelten und niemand würde über ihn sprechen. Wenn dies jedoch ein bekannter SPD-Politiker in einem Buch festhält, dann ist er ein mutiger Mann, dem dann große mediale Aufmerksamkeit zuteil wird. Wenn Dieter Bohlen in einem Buch beschreibt, wie er seine Ex-Frau geschlagen hat, dann wird das ein Millionen-Bestseller.

Die Massenmedien sind voll von Wichtigmenschen, deren vermeintlich fachliche Meinung als unanfechtbar gilt: sog. Handy‑, Terror- oder Internetexperten sowie abgehalfterte Profilneurotiker-Promis, bieder-konservative Psychologen, TV-Superköche, VIP-Hundeprofis, Moderatoren-Erzieher und so weiter. Der oft zweifelhafte Status soll für eine vorauseilende Anerkennung der Rezipienten sorgen. Ähnliches gilt für Titel, wie Dr., Prof. oder Dipl. – sie sollen Ehrfurcht und Glaubwürdigkeit erzeugen. Die Sozialstatus-Bezeichnungen sollen das Gesagte adeln. Die Meinung eines nicht medial zum Ritter geschlagenen Menschen, ist somit von geringerer Bedeutung. Gleichzeitig wird hinter der Experten-Fassade Ideologie, Weltbild und Meinung versteckt. Schließlich seien sie fachlich, objektiv und neutral.

Hinter all dem, so meine These, steht nicht nur gezielte Verdummung und Erziehung zum Vollblut-Konsumenten, sondern auch eine Art von Götzenglauben sowie systematische Anti-Aufklärung: wir sagen euch, was ihr zu bestimmten Themen denken sollt. Die Faulheit des eigenen Denkens wird gefördert, ja schlimmer noch: vorrausgesetzt.

7 Gedanken zu “Der Name ist ein Zeichen

  1. ja.
    bieder-konservative Psychologen...das finde ich nun, ist eine besonders zutreffende Bezeichnung. Die Arbeit am Selbst, die Therapierungsnotwendigkeit entlang das gesellschaftlichen (Miss-)Erfolgsbescheides, die Ansetzung der Front des Kampfes um Herrschaft am Ichpsychologischen ist ja eine Art Zentralrechner davon, wie wir regiert werden. Ein vor zwei hundert Jahren inexistentes Seinsfeld wurde seit dem aus dem Boden gestampft und heute tauchen wir darin umher. Und vielleicht gar nicht so erstaunlich ist es, dass gerade dort sich dieser bieder-konservative Geist breit gemacht hat. Ein paar kritische Psychologen und ein paar gesellschaftkritische Psychoanalytiker, die noch mit einem Auge außerhalb der Klinik sehen können, aber der große Rest offriert sich als gut gelaunter Animateur der Selbstoptimierung. Tilge deine kognitiven und emotiven Effizienzlücken. Tilge es und unter dem Strich, etwas darüber stand schon, dann wird es dir besser gehen, aber unter dem Strich steht auch, dass du dich dann optimaler verwirtschaften wirst können. Der Geldbesitz wird steigen, dass ist doch das unausgsprochene Versprechen an die, die meinen Therapiert werden zu müssen oder zu wollen.
    Es ist sonderbar, wie viel Unreflektiertheit, wie viel faule Kompromisse sich gerade in diesem Feld etabliert haben. Abgesehen vom Helferkomplex.

  2. ...und wo eigenes Denken schon erworben wurde, muß es nicht selten mit leidvollen Erfahrungen aufrechterhalten werden.
    Der Weg zum eigenständigen Denken wird im Schul- , Hochschulwesen und erst recht in der Arbeitswelt gezielt unterdrückt.

    In der ganzen Gesellschaft, aber besonders im showbusiness, zu der ich Politik hinzuzähle, gilt »omen est nomen« !

    Schon Esther Vilar sagte in den 70ern sinngemäß. »Wer berühmt werden will, muß sich sich daneben benehmen.«

  3. Also ich darf schon sehr bitten die Leistungen eines Guttifruttis und Konsorten nicht so sehr zu schmälern das diese hochwertigen Personalien des Geldadels eventuell wirklich nach deren Können und nicht der dicke des Geldbeutels bewertet werden !
    Wo kämen wir denn dahin wenn der Pöbel sich erdreistet uns hochwohlgeborene Besserwisser in frage zu stellen !
    Nicht auszudenken !

  4. Da funktioniert auch der Markt nicht richtig. Normalerweise müßten kleinere Verlage kommen und den Markt aufmischen und damit die Qualitätslücke füllen.

  5. @Art Vanderley

    Normalerweise müßten kleinere Verlage kommen und den Markt aufmischen und damit die Qualitätslücke füllen.

    Schwer interessanter Gedanke und Hinweis. Hab ich von der Warte aus, — noch nie gesehen. War immer nur irritiert, weil gerade die kleinen Verlage, fast schon klischeehaft, — immer wie eine Kopie der großen wirken. Statt aufzumischen, sieht mir das eher wie Beiboote am Seil hinter dem großen Schiff aus. Ein Verhalten, was ich auch bei den Selbstständigen sehe.

  6. @ eb

    Womöglich wiegt der Zeitgeist oder vielleicht auch der Herdentrieb oft stärker als das Interesse an den Verkaufszahlen , eigentlich seltsam.
    Gibt allerdings auch Ausnahmen .Die Autorin von »Tannöd« hat nach eigenen Angaben 40 größere Verlage angeschrieben , ohne Erfolg.
    Wollte schon aufgeben , kam dann aber auf die Idee , nur noch kleinere zu versuchen — mit Erfolg.
    Eine kleine »Klitsche« verlegte das Buch , und gleich ein zweites noch mit , das die Autorin bereits in der Schublade hatte , Ergebnis :Kurzzeitig Platz eins und zwei in der Bestsellerliste....

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