Wenn Oskar Lafontaine stirbt, dann...

...wird es so (oder so ähnlich) in den Gazetten stehen:

In der Nacht vom ... zum ... erlag der Linkspolitiker seinem Krebsleiden. Lafontaine war stets ein Kämpfer für die Schwachen und für mehr soziale Gerechtigkeit. Er war ein großartiger Redner und Buchautor. Ihm ist unter anderem die Gründung der Linkspartei zu verdanken. Auch warnte Lafontaine seine Wähler vor den Kosten der Deutschen Einheit, während Helmut Kohl von den »blühenden Landschaften« sprach, um wiedergewählt zu werden. Er blieb stets in der Tradition von Willy Brandt und der Friedensbewegung. Lafontaine war auf der Seite des Volkes und positionierte sich gegen Lobbyinteressen. Als linker Vordenker sprach er sich für einen Generalstreik als politisches Mittel aus.

Vielleicht wird es eine heuchlerische Einsicht geben. Wahrscheinlicher ist aber, dass folgendes verschwiegen wird:

Zu Lebzeiten wurde er von uns Massenmedien niedergeschrieben und geächtet. Wir diffamierten ihn als einen Populisten. Schließlich sind wir bürgerliche Medien in der Hand von neoliberalen Konzernen, die an ihren Profit denken. Da stört uns ein Umverteiler von oben nach unten, wie Lafontaine einer ist. Heute und vielleicht noch einige Tage werden wir Lafontaine loben und ein wenig hochschreiben. Schließlich ist er tot und über Tote soll man nichts schlechtes sagen, oder? Und solange er tot ist, kann er auch keine Reden mehr halten, die uns stören. Auch haben wir Lafontaine stets als Unperson erklärt und nur Fotos abgedruckt, die ihn als Dämonen, als Teufel, als Hetzer erkennen ließen. Ein Fanatiker, ein Hitler, ein Beelzebub war dieser Lafontaine. Jeder, der gegen unsere Verlags- und Konzerninteressen ist, wird niedergeschrieben. So einfach ist das.

7 Gedanken zu “Wenn Oskar Lafontaine stirbt, dann...

  1. Wow... Danke, Epikur für diese Einsicht. Grad beim Lesen konnt ich mich net entscheiden, ob ich ne Gänsehaut bekommen soll, weil dein Szenario warscheinlich genau so ablaufen wird oder einen chronischen Brechreiz entwickeln soll

  2. Er wurde auch mal als der »gefährlichste Mann Europas« tituliert, weil er die Banken an die Kette legen wollte.

    Für mich ist er einer der kompetentesten Politiker die wir in die letzten paar Jahrzehnten so hatten.

  3. Vielleicht sollte Lafontain seinen Tod vortäuschen. Wenn er wirklich den oberen Nachruf bekommt, dann kann er zurückkommen und steht auf einem starken Fundament. :)

  4. Genau. Wahrscheinlich schmuggelt er eine Pistole in sein eigenes Haus , um sich dort zu erschießen; und keiner bekommt es mit. Ging‹ bei der Meinhof auch.

  5. Das mit dem Popu-... find ich nach Jahren immer noch faszinierend. Populisten populieren populierend den populistischen Popularitätsverlust populärer Gestalten zur Popularität. Soviel geistiger Popo einer Medienkultur, hat was populär pornographisches an sich. Ich erkläre das »P« zum Buchstaben des Jahrzehnts der populären Medienpropaganda. Da hilft nur noch das große »O« eines Oskar Lafontaines.

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