verschweigen und verzerren

Ulli Sander hat auf der AG Friedensforschung auf einen interessanten Aspekt hingewiesen.  Letzten Samstag (3. Sep) gab es in Dortmund einen Nazi-Aufmarsch mit rund 7.ooo Teilnehmern. Jedoch stellten sich ihnen knapp 10.000 Antifaschisten und Linke in den Weg. Die Polizei half den Nazis ihr »Versammlungsrecht« wahrzunehmen. Für Eingeweihte und Aktivisten dürfte dies kein neuer Umstand sein, da dies jährlich bei den Nazi-Aufmärschen am 15. Februar in Dresden der Fall ist. Und nicht nur dort.

Interessant ist ein kleiner Pressespiegel, der eindringlich zeigt, dass sog. »bürgerliche Medien« jedwede Demonstration in Deutschland verurteilen. Wer in Deutschland demonstrieren geht, sich Nazis in den Weg stellt oder den Kapitalismus hinterfragt, ist ein Spinner, Chaot, Randalierer, Verschwörungstheoretiker und Träumer. Nur wer im Iran, in Saudi-Arabien oder in China demonstrieren geht, ist ein aufrechter Demokrat. Ein kleiner Auszug:

Linksextreme fallen über Polizei her (SZ-online, 04.09.2011)

Linksextreme bewerfen Polizisten mit Steinen (SPIEGEL-online)

Autonome randalieren bei Demo gegen Neonazis (SPIEGEL-online, Diehl)

Krawalle in Dortmund bei Aktionen gegen Neonazis (Bild am Sonntag)

 

11 Gedanken zu “verschweigen und verzerren

  1. Endlich schreibt jemand was davon.

    Es ist auch mir aufgefallen, dass die »bösen Gegendemonstranten« gegen (Neo-)Nazis demonstrieren, wenn es nach den Mainstream-Medien Deutschlands geht.

    Tja, Merkel-Deutschland erinnert immer mehr an die Endphase der Weimarer Republik — da waren es nämlich auch die »bösen Gegendemonstranten«, die — damals aber noch gegen die echten Nazihorden — demonstriert haben, und auch damals hat die Polizei sich eher mit den Nazis identifiziert als mit denen, die gegen diese Unmenschen demonstriert haben. wenn es nach der damaligen Presse ging.

    Geschichte wiederholt sich anscheinend doch, aber diesmal hoffentlich als Farce, da man die ersten Erfahrungen ja bereits kennt.....mit den echten Hitler-Freunden....

    Schade nur, dass heute solche schriftstellerischen Geistesgrößen wie z.B. Bertold Brecht, oder Kurt Tucholsky, in Deutschland fehlen, die könnten diese schon sehr auffällige Parallele zu 1933 besser beschreiben als wir alle hier.... :-(

    Gruß
    Bernie

  2. dieser hinweis ist wohlgemerkt nur die halbe wahrheit.

    es ist richtig, dass die mediale berichterstattung kritisiert werden muss, da sie sich in großen teilen ausschließlich(!) auf die linken ausschreitungen bezog und die friedlichen proteste und blockaden nur am rande abhandelte.

    wenn man sich jedoch anschaut, was die antifa an diesem tag tatsächlich geleistet hat, ist dies eher als schaden für den protest gegen rechts zu verstehen und nicht als heldenhafter widerstand zu bezeichnen. vor allem hinsichtlich der auswirkungen auf die berichterstattung.

    nazis, polizei und antifa haben an diesem tag dem demokratischen protest hierzulande sehr geschadet.

    einen etwas differenzierteren bericht gibt es hier: http://respu.wordpress.com/2011/09/04/naziaufmarsch-am‑3–9‑2011-in-dortmund-eine-nachbetrachtung/

  3. »[...]nazis, polizei und antifa haben an diesem tag dem demokratischen protest hierzulande sehr geschadet[...]«

    Diese Aussage hättest du auch schon in Weimarer Zeiten schreiben können — wahr war die schon damals nicht.

    Man kann es nicht oft genug erwähnen, die Nazis sind Verbrecher, die immer wieder Freunde bei angeblichen selbsternannten Staatsordnungsfreunden, und der Polizei finden, die heutige, und damalige angebliche »Antifa« ist schon von vorneherein »DER FEIND«, und zwar ganz egal ob die nun links oder sonstwie orientiert sind bzw. gewalttätig oder nicht, die angeblichen bösen, teuflischen Nazi-Gegner.

    Auch so eine Parallele zur Endzeit der Weimarer Republik....

    Hier haben Breiviks terroristische Freunde auf der Neuen Rechten noch nicht dazugelernt, denn die Aussagen passen wirklich 1:1 auf die Endphase der Weimarer Republik, und deswegen bleib ich dabei, die Geschichte wiederholt sich, aber diesmal als Farce....Norwegen sei dank....

    Amüsierter Gruß
    Bernie

    PS: Wie bereits erwähnt, der Blogbetreiber hat hier etwas geschrieben, dass mir die Bestätigung gibt, dass ich nicht allein bin mit meiner kritischen Beobachtung der neoliberal-neu-rechten Mainstream-Medien Deutschlands....danke für an den Blogbetreiber....und ich hoffe der Text findet weite Verbreitung.....

  4. da hast du mich augenscheinlich falsch verstanden.
    ich war selbst am 3.9. in dortmund dabei und auch bei anderen anlässen dieser art, lasse ich es mir nicht nehmen, meinen protest gegen rechtes gedankengut zu äußern.
    grundsätzlich hat(te) die antifa auch ein durchaus legitimes ansinnen. sie ist nicht von vornherein »DER FEIND«. auch nicht teuflisch und böse.
    schaut man sich aber die praxis an, deligitimiert sich die antifa inzwischen selbst; und das nicht nur am 3.9. in dortmund. dieses ausmaß an meist sinnloser (!) gewalttätigkeit ist einfach nicht zu entschuldigen und wirft nicht zuletzt ein schlechtes bild auf den gesamten protest (siehe berichterstattung).

    die geschichte wiederholt sich tatsächlich, wenn die leute nicht lernen, sich in ihrer meinung nicht von vornherein festzulegen, sondern sie zu bilden. ob man die antifa nun gut findet oder nicht, man sollte sich darüber zunächst gedanken machen und erfahrungen sammeln. und das habe ich.
    mit vielen antifaschisten gehe ich gerne gegen rechts auf die straße, die antifa — also die antifaschistische aktion — jedoch, ist inzwischen zu einem prügelverein für 16-jährige verkommen. somit stimmt meine von dir zitierte aussage in bezug auf den 3.9. durchaus und hat mit der weimarer zeit erst mal nichts zu tun.

    ich stimme dir trotzdem voll und ganz darin zu, dass der rechtspopulismus in der mitte unserer gesellschaft angekommen ist (http://respu.wordpress.com/2011/07/27/die-gefahr-des-%E2%80%9Egesellschaftsfahigen%E2%80%9C-rechtspopulismus/). das hat norwegen tatsächlich verdeutlicht. die antifa schafft dabei aber garantiert keine abhilfe. eher im gegenteil.

    ich hoffe, dass dieser kommentar nicht so missverständlich war, wie mein letzter.
    gruß!

  5. @homo.SAPIENS

    Danke für ;-)

    Übrigens, ich bleib dabei für viele, nicht nur die rechtsextremen/-radikalen Hirnis, ist die Antifa, egal ob organisiert oder nicht bzw. links oder nicht (es soll Menschen geben die einfach so etwas gegen Nazis oder Neue Rechte haben, ohne sich gleich als »Antifa« oder »links« zu titulieren), immer noch »DER FEIND« — Das meine ich mit Parallelen zur Endzeit der Weimarer Republik.

    Übrigens auf Nachdenkseiten wurde einmal beschrieben, dass Deutschlands Presse weitgehend »konservativ-rechts« bzw. »neu-rechts« (z.B. die Bild-Zeitung, die in Wahlkampfzeiten, nach Günter Wallraff immer rechts ist) orientiert ist — Die Aussagen die epikur hier dokumentiert beweisen, dass Albrecht Müllers/Wolfgang Liebs Nachdenkseiten leider richtig liegen dürften.

    Trauriger Gruß
    Bernie

    PS: Albrecht Müller nannte unsere neu-rechten-neoliberalen Mainstream-Medien einmal »Papagei-Medien«, weil die immer voneinander abschreiben würden — Soll heißen: Es würde mich nicht wundern, wenn die konservativ-rechte »Bild« die Meldung als erstes gebracht hat, und andere, ohne zu recherchieren, diese demokratiefeindlichen Überschriften von der »Bild« übernommen hätten. Frau Schröder, oder Herr Friedrich, übernehmen Sie, heißt es dann sicher bald in »Bild« & Co.....

  6. @ bernie:

    ich sehe mich auch nicht als links und habe trotzdem was gegen die rechte :)
    gewaltbereite und ‑tätige antifa-aktivisten haben am 3.9. der presse ein gefundenes fressen geboten und damit dem friedlich protest sehr geschadet. und das war leider nicht das erste mal. wie gesagt: es gibt auch linke und antifaschisten mit denen ich gerne zusammen auf die straße gehe und im zweifelsfall auch gerne diskutiere. (sinnlose) gewalt finde ich aber — ebenso wie rechtes gedankengut — äußerst verachtenswert. darin wirst du mir wohl zustimmen.

    die kritik an medien von a.müller und co unterstütze ich ebenfalls. es handelt sich aber hier um zunächt zwei verschiedene paar schuhe: sinnlose gewalt durch die antifa und die fragwürdige berichterstattung der medien. aber man muss der presse ja nicht noch in die hände spielen und das hat die antifa an diesem tag — wie gesagt zum schaden des friedlich widerstands aller anderen organisationen (ob nun links, mittig oder sonst wie verortet) — getan.

    ich sehe, dass sich unsere ansichten im prinzip nicht so weit von einander unterscheiden ;) ich bin mit sicherheit weder ein verfechter der rechten szene noch der medialen berichterstattung in deutschland — ganz im gegenteil. da ich diese haltung aber sehr ernst nehme, ist es mir logischerweise unmöglich, gleichzeitig eine positive haltung gegenüber gewaltbereiten (!) antifa-aktivisten einzunehmen, vor allem wenn diese auch noch sinnlos agieren.

    ich danke dir in jedem fall für die anregende diskussion. gruß!

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