Menschen, Macht und Spiele (Teil 1)

http://www.flickr.com/photos/scalino/4654934962/#/

An sich wollte ich nur einen Kommentar zum Blogbeitrag »Eine süße Droge« schreiben, aber es kam halt anders als geplant, vor allem umfangreicher. Außerdem dachte ich mir dieser Beitrag würde womöglich an Reife gewinnen, wenn ich ihn noch länger stehen lasse. Leider sind Blogbeiträge aber kein Wein und sind schon nach einigen Monaten eher Essig, so dass ich euch heute nach einer Revision und nach entsprechendem Druck meiner Vorgesetzten mit dem ersten Teil dieser Gedankensammlung zum Thema Spielen beglücke.

Die Frage nach dem Spielen kann an sich nur die Frage nachdem warum wir spielen sein. Ich möchte nun keinen anthroplogischen Diskurs beginnen aber die Kommentare zu epikurs Beitrag hatten sich teilweise um dessen Kategorisierung von Genres nach deren Motivationsgrundlage beschäftigt. Hier denke ich sind Punkte die zu Mißverstädnissen führen könnten und ich versuche mein Verständnis des Begriffs (digitaler) Spiele zu erläutern.

Für Egoshooter wurde im genannten Blogbeitrag »Macht« als Motivator genannt, was auf einigen Widerstand traf. Nicht ganz zu Unrecht, wie ich finde, aber vor allem wegen der Betonung des Machtkonzepts für Egoshooter im speziellen und möglicherweise ein in diesem Zusammenhang missverständlichen Gebrauch der Terminologie.

Betrachtet man Spiele als Kunstform, und dies werde ich hier tun (bei Bedarf nähere Erläuterungen in den Kommentaren), dann ist verglichen mit den meisten anderen Kunstformen, die Interaktivität der entscheidende Unterschied. Konventionell betrachtet kann man das Spiel als Machtsimulation betrachten: Eine kontrollierte und klar definierte Umgebung, in welcher der Spieler versuchen muss eine Machtposition zu erlangen. bzw. zu erhalten. Der Verlust von Kontrolle, also ein Zustand der Ohnmacht, führt in der Regel zum vorzeitigen und unerfolgreichen oder weniger erfolgreichen Ende des Spiels. Damit ist Macht einer der, vielleicht der zentrale, Grund zu spielen. Macht beschreibt das eigene Potential das Spiel zu beeinflussen und damit die Interaktion zu gestalten.

Wie diese Macht zu erlangen ist hängt vom jeweiligen Spiel ab und kann tatsächlich zumindest teilweise mit Hilfe von Genres kategorisiert werden. Hierbei muss allerdings, wie von epikur erwähnt, der fließende Übergang zwischen Genres, bzw. das hoffentlich noch immer mögliche Sprengen von Genregrenzen beachtet werden, denn Spieledesigner die nur in Genregrenzen denken schränken das Spiel als Kunstform ein.

So würde ich jetzt zugunsten eines vereinfachten Modells Spiele in rätsel‑, geschicklichkeits- und strategiebasierte Titel einteilen. Reine Rätselspiele können einfache Logikspiele sein bis hin zu aufwendig produzierten Adventures. Diese nutzen vielleicht am wenigsten die mediumsspezifischen Fähigkeiten, da in der Regel die Macht des Spielers direkt durch dessen kognitive Fähigkeiten bestimmt werden und diese kognitive Herausforderung meist auch als nicht digitales Spiel realisierbar wäre. Im Fall des (reinen) Adventures ist das besonders gut sichtbar, es stellt quasi eine Form der interaktiven Geschichtenerzählung dar. Das Medium wird zwar genutzt um, z.B. den Fortgang der Geschichte vom Spieler beeinflussbar zu machen, somit gibt es dem Spieler mehr Macht als bei passiver Geschichtenerzählung (Film, Buch), aber das erfolgreiche Spielen führt nicht direkt zum Machtgewinn, sondern eben zum Vorantreiben der Geschichte. Diese Art der Spiele lässt sich am schlechtesten gezielt trainieren, da entweder allgemeine kognitiven Fähigkeiten gebraucht werden (Rätsel) oder die Herausforderung im Hintergrund steht und die Geschichte als Motiviation dient. Möglicherweise sollten von der Geschichte getriebene Spiele als eigenes Genre gelten, allerdings wäre dieses dann möglicherweise kaum mehr den klasssichen Spielen zuzuordnen, sondern eher eine Mischform aus Literatur und Spiel. Das reine Adventure ist deshalb häufig auch für nicht als klassische Spieler zu betrachtende Personen geeignet.

http://www.flickr.com/photos/seanabrady/1644280/

(Fortsetzung folgt)

4 Gedanken zu “Menschen, Macht und Spiele (Teil 1)

  1. Spiele als Kunstform. Hmm. Ich weiß nicht so recht. Die These lässt dann einige Argumentationen zu, oder besser: sie werden nachvollziehbarer. Für mich sind PC-Spiele in erster Linie ein Unterhaltungs- und Konsumprodukt, womit in erster Linie Geld verdient wird und werden soll. Ist bei Kunst letztlich auch oft so, aber nicht zwingend so krass kommerziell. Wenn ich mir Electronic Arts, Blizzard, Ubisoft usw. anschaue, dann sind das milliardenschwere Konzerne, denen es wohl eher wenig um »Kunst«, als um Profit geht.

    Dennoch ist die Definition von Kunst natürlich sehr subjektiv und es gibt immer auch die »kleinen Künstler«, die etwas abstrakt idelles mitteilen wollen. Nur gerade in der PC-Spielebranche haben es die kleinen Entwickler verdammt schwer.

  2. Die Frage der Kunstform war eigentlich nicht vorrangig für den Beitrag, aber ich habe ja schon darauf hingewiesen, dass ich das noch in den Kommentaren erläutern könnte. Nun muss ich da durch.

    Erst einmal spielt die Kommerzialisierung der vermeintlichen Kunstform nur eine untergeordnete Rolle für die Frage nach der Kunstform. Es verhindert womöglich das volle Potenzial einer Kunstform zu nutzen, aber solange das Potenzial gegeben ist, handelt es sich um eine Kunstform. Das einzelne oder auch die Mehrheit der Versuche Produkte in diesem Medium zu erschaffen womöglich deutlich daran scheitern Kunst darzustellen ist bedauerlich, diskreditiert aber hoffentlich die Macher und nicht die Kunstform. Man zweifelt die Kunstform »Film« als Ganzes ja auch nicht an, weil viele Filme ihr künstlerisches Potenzial nicht ausschöpfen aufgrund vorgelagerter wirtschaftlicher Interessen (oder einfach Unvermögen).

    Darüberhinaus sollen spätestens die Bilder im Beitrag zeigen, dass ich mich nicht nur auf digitale Spiele beziehe, sondern diese als gedankliche Krücke für den Leser genutzt werden können, weil ieben diese aufgrund der Kommerzalisierung für die meisten Leser ebenfalls kein Fremdbegriff sind und somit die Verständlichkeit zunimmt.
    Eigentlich ist dies vor allem der Versuch einer funktionellen Definition von Spielen. Bei der Frage nach der Kunstform spielt nämlich die Tatsache, dass das Spiel in isolierter Form gar nicht so häufig zu finden ist eine nicht unbeträchtliche Rolle. Meist sind andere Kunstformen, gerade bei aufwendigen Spielen bald vielmehr vertreten als dass was das Spiel ausmacht: die Interaktivität.

    Hier lässt es sich nun streiten, ob das Kunst ist. Einer der Stärken des Spiels ist eben die Möglichkeit andere Kunstformen quasi zu assimilieren. Ist das bereits Kunst? Womöglich nicht. Streng genommen muss die Interaktivität des Spiels auf einem Niveau stattfinden, welches den Ansprüchen an Kunst gerecht wird. Hier denke ich ist noch viel Potential was noch nicht ausgeschöpf wurde und zwar auch, aber sicher nicht nur, wegen der Kommerzialisierung des Spiels. Im zweiten Teil des Artikels ist auch noch ein Link enthalten zu einem Spieleentwickler (Künstler?), der sehr experimentell mit dem Medium umgeht und dessen Entwicklungen sehr geringen technischen Aufwand betreiben.

    Das es die kleinen in der Spielebranche schwer haben ist sicherlich richtig, allerdings liegt hier die Betonung auf Branche. Der künstlerische Wert unabhängigerer Entwickler ist auch nicht unbedingt höher. Spiele müssen nicht zwingend kommerzielle Produkte sein, aber wie bei jeder Kunstform hlft es natürlich, wenn mich meine Kunst ernährt, dann muss ich mich nicht noch mit Nebenbeschäftigungnen wie Jagen und Sammeln befassen.

  3. Wieso eigentlich nicht. Muss man immer alles konform etabliert sehen? Die Möglichkeiten von Spielen sind so was von konformiert, dass es fast weh tut, wenn man daran denkt, welche Möglichkeiten sich bieten könnten. (Und PC-Spiele und deren langweilige Einseitigkeit, sind daran nicht ganz unschuldig :prof: Kunst kann sich auch als Aufgabe wahrnehmen, nicht nur als Darstellung. Warum also wäre der Gedanke so falsch, — Spiele als Möglichkeit einer Kunstform in Betracht zu ziehen? Da sind Ideen gefragt, — weniger Statements.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.