ZG-Rückblick: Obamania?

In dieser Rubrik erscheint gegen Ende eines jeden Monats ein gemeinsamer Rückblick der ZG-Redaktion. Das vorgegebene Thema wird abwechselnd bestimmt. Heute geht es um den Neuen im Weißen Haus.

Nach acht Jahren unter einem Präsidenten dessen demokratische Legitimation, milde ausgedrückt fragwürdig ist, und dessen Amtszeit wahrscheinlich in der historischen Bewertung (selbst in relativ konservativen Medien) als gescheitert klassifiziert werden wird, scheint die Amtseinführung seines Nachfolgers zumindestens in vielen Medien geradezu herbeibeschworen worden zu sein.

Hat Obama eine Chance die hochgeschraubten Erwartungen zu erfüllen? Will er dies überhaupt? Haben die ersten Wochen schon eine Aussagekraft für den neuen Führungsstil und Kurs der im weißen Haus die nächsten Jahre herrschen wird? Macht es für uns Nicht-US-Bürger einen relevanten Unterschied wer im Oval Office Platz nimmt? Wird die Realität Obama schneller einholen als erwartet? Oder wird Sie die Anhänger Obamas einholen?

todesglupsch sagt:

Die ersten paar Wochen nach Amtsantritt sind wohl erst einmal dazu gedacht guten Willen zu bekunden, so wird der Versuch unternommen das unsägliche Lager in Guantanamo schliessen zu lassen oder in Richtung Nahen Osten signalisiert, dass im Weißen Haus jemand sitzt den man ansprechen kann, ohne als Schurkenstaat bezeichnet zu werden.

Wie effizient und zielorientiert diese Willensbekundungen tatsächlich durchgesetzt werden hängt nun davon ab, wie gut Obama und seine Administration arbeiten. Zumindest die Meldung die Obamaadministration müsse einiges an der IT- und Kommunikationsinfrastruktur erneuern, denn in dem Zustand wie sieh von der Bushadministration hinterlassen wurde wäre ein effektives Arbeiten nur sehr erschwert möglich, hat mich sehr amüsiert. Nebenbei hat Obama die Kleidungsvorschriften im Weißen Haus gelockert. Das Alles mag zwar mehr über Bush und sein Team aussagen als über das von Obama, aber zumindest erhoffe ich mir das dies Indizien dafür sind, das in Zukunft tatsächlich mehr im Weißen Haus passiert als das Ausleben einiger Spleens auf Kosten der ganzen Welt. Das politische Prozesse trotzdem aufgrund von Widerständen häufig sehr langsam fortschreiten, wird Obama wohl schon wissen und dessen Anhänger bald auch, vermute ich.

Die Kompetenz das Kabinetts sinnvoll zu beurteilen schreibe ich mir nicht zu, aber vielen Medien nach zu urteilen, scheint es recht konservativ besetzt zu sein, was allerdings ein politischer Schachzug sein könnte und wenn, nicht unbedingt der schlechteste, denke ich.

Der erste Eindruck des Präsidenten ist so stark different gegenüber seinem Vorgänger, sowohl ideologisch als auch das Gefühl der Effizienz mit der nun die Dinge angegangen werden, das Bush noch stärker als ohne diese Relation wie ein Relikt aus längst vergangen Tagen wirkt (die nun hoffentlich auch tatsächlich vergangen sind).

Ich würde die ersten Wochen als gelungenen Amtseinstieg bezeichnen, aber glaube das dies nicht als Indikator für die gesamte Amtszeit geeignet ist, da ich vermute die »Realpolitik« wird erst noch einsetzen. Ich befürchte je »besser« diese bestritten wird, desto mehr Widerstand aus mächtigen Kreisen wird sie erfahren, was bis zur Lebensbedrohung für den Amtsinhaber reichen kann. Deshalb bin ich verhalten optimistisch und hoffe mehr, als dass ich glaube, dass Obama wirklich so einen großen Unterschied machen will und wenn er will ob er denn kann.

epikur sagt:

Was Obama betrifft, also den neuen US-Präsidenten, bin ich etwas zwiegespalten. Auf der einen Seite ist es sehr wohl ein Zeichen der lebendigen Demokratie und des Widererstarken der amerikanischen liberalen Tradition, dass nun ein Schwarzer US-Präsident ist. Schließlich durften Schwarze in den USA vor guten 50 Jahren noch hinten im Bus sitzen, eine »US-Apartheid« war allgegenwärtig. Nicht ganz, aber fast zu vergleichen wäre das, wenn in Deutschland ein Türke Bundeskanzler werden würde. Insofern ist das durchaus ein positives Zeichen für gelebte Demokratie in den USA. Allerdings sollte eben dies auch nicht überschätzt werden. Obama nun als »neuen Messiahs« darzustellen, bloß weil er schwarz ist, ist meiner Meinung nach, genauso dümmlich und naiv als deutsche Medien einen Politikwechsel in Deutschland ausriefen, bloß weil jetzt eine Frau Bundeskanzlerin ist. Geschlecht, Hautfarbe oder Aussehen sollten nicht das Kriterium zur Beurteilung eines Politikers und seines Handelns sein, sondern ausschließlich seine politische Arbeit. Ob Obama wirklich für einen Politikwechsel in den USA  steht und seine Wahlversprechen einhält, wird sich wohl noch zeigen. Die erste kritische Beurteilung wird, wie üblich, nach den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit erfolgen.

Meine erste ganz persönliche Prognose ist, dass das Thema Afghanistan für Obama ein langwieriges Problem werden könnte. Er will zwar alle US-Truppen aus dem Irak zurückziehen, in Afghanistan jedoch nicht. Ganz im Gegenteil will er sie dort sogar verstärken. Der Krieg dort dauert nun schon 7 Jahre — länger als der gesamte zweite Weltkrieg. Ein Ende oder »Sieg« der USA ist nicht in Sicht. In Afghanistan haben sich vorher schon vergeblich die Briten und die Russen ihre Zähne ausgebissen.

jtheripper sagt:

Obamania? Uf jede. Selbst wenn Obamas Politik nur heiße Luft bringt, so schafft er es auf jeden Fall, sie gut zu inszinieren. Er ist nicht nur der erste schwarze US-Präsident, er ist auch der erste US-Präsident, der die neuen Medien und den Präsidenten als Marke erkannt hat. In seiner Wahlkampagne stach seine Website heraus. Durch sie konnte einfach eine »Communitiy« aufgebaut werden. Mit seinem Claim »Yes, we can« und seinen auffälligen Wahlplakaten hätte er uns auch einen Burger verkaufen können. Aber so steht er für die Zukunft, für das Moderne und Junge. Ins Weiße Haus hat es ihn gebracht, schauen wir nun, wie weit er damit noch kommt.

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