Und wieder: Gleichschaltung

Als ich vor einiger Zeit einen Beitrag über die vermeintliche zunehmende Gleichschaltung der bürgerlichen, meinungsführenden Medien in Deutschland veröffentlichte, dachte vielleicht der eine oder andere: »ach, kann ja mal zufällig passieren« oder der gute epikur übertreibt vielleicht ein wenig. Pustekuchen! Ich kann nicht genau sagen, wer von wem abschreibt bzw. ob sie überhaupt voneinander abschreiben.  Vielleicht sind viele Journalisten auch einfach nur eindimensional oder wenig sprachgewandt. Fakt ist, eine Pluralität der Themen ist kaum noch vorhanden. Ein weiteres Beispiel.

Der neue US-Präsident Obama beherrscht fast überall als Zentralthema die Medien. Ohne explizit die einzelnen Wertungen rauszufiltern, reicht es schon, sich die Formulierungen anzuschauen, um einen Einblick zu gewinnen,  welchen Einheitsbrei die bürgerlichen Medien uns tagtäglich servieren:

Frankfurter Allgemeine Zeitung: »Obama ordnet Schließung von Guantanamo an«

Südddeutsche.de: »Schon am Donnerstag vormittag nach Washingtoner Uhren (bei uns also um 17 Uhr) unterzeichnete der Präsident die Anordnung, Guantanamo zu schließen«

TAZ: »folgte am Donnerstag die Anweisung zur Schließung des Gefangenenlagers auf Kuba«

Der Tagesspiegel: »Obama ordnet Schließung von Guantanamo an«

Handelsblatt: »Er hat heute die Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo innerhalb eines Jahres angeordnet«

Financial Times: »Obama schließt Guantanamo«

Bild.de: »Das US-Gefangenen-Lager Guantánamo (Kuba) wird innerhalb eines Jahres geschlossen«

Auffällig ist vor allem die Benutzung des Wortes »Schließung« oder »schließen«, welches alle Medien verwenden. Und von der Benutzung der gleichen Sprache, der gleichen Begrifflichkeit, zur anschließenden  gleichen Wertung ist es nur ein Fingerzeig. Die Anti-Ypsilanti-Kampagne im letzten Jahr war  dafür ein sehr anschauliches Beispiel. Aber auch bei Themen, die nicht unbedingt Kampagnen-Charakter haben, ist eine Gleichschaltung offensichtlich.

4 Gedanken zu “Und wieder: Gleichschaltung

  1. Die schreiben alle das gleiche, weil sie alle von der gleichen Agentur (vielleicht sinds auch zwei Agenturen — keine Ahnung) versorgt werden. Die geringfuegigen Unterschiede werden dann nur noch eingebaut, damit das Zeilenhonorar wenigstens formal »verdient« wurde.
    Laecherlich. Mir gehts inzwischen schon so, dass ich mitunter gar nicht mehr merke, dass ich zwischen z.B. SPON und BILD gewechselt habe — da gibts praktisch keine Unterschiede mehr.

  2. »Die schreiben alle das gleiche, weil sie alle von der gleichen Agentur (vielleicht sinds auch zwei Agenturen – keine Ahnung) versorgt werden. Die geringfuegigen Unterschiede werden dann nur noch eingebaut, damit das Zeilenhonorar wenigstens formal »verdient« wurde.«

    Ein festangestellter Journalist, und das sind diejenigen, die die Agenturmeldungen verarbeiten (respektive kopieren) erhält kein Zeilenhonorar, von daher ist dieses Argument hinfällig.

    Schaut man sich die Sparpläne der großen Zeitungsverlage an, wird schnell klar, warum der Journalismus auf der Strecke bleibt und als gleichgeschaltete Hofberichterstattung daherkommt. Wer in derselben Zeit zwei gekündigte Kollegen ersetzen und zusätzlich Texte für mehrere Ausgaben und Portale liefern muss, hat weder Zeit für eigene Recherche noch für kreative Höhenflüge.

    Dass weder mangelnde Qualität noch beliebige Austauschbarkeit sich als verkaufsfördernd erweisen, scheint ein Gedanke, der bei den auf Dividendenmaximierung getrimmten Vorständen bei der Bewertung ihres Humankapitals als reiner Kostenfaktor noch nicht angekommen ist.

  3. Pingback: CodingCorsairs » Die fünfte Front - Der Informationskrieg

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