Reichtum ist keine Frage der Leistung

In der neuen Ausgabe des BoecklerImpuls 05/2009 von der DGB-nahen Hans-Boeckler Stiftung gibt es eine interessante Untersuchung. Dort haben Wissenschaftler in einer repräsentativen Umfrage die Deutschen danach befragt, wie man in Deutschland ihrer Meinung nach reich wird. Die von der Politik ständig postulierten Ideale und Prinzipien der Leistungs — und Chancengerechtigkeit hält ein Großteil der Bevölkerung für absolut unglaubwürdig. Einzig diejenigen welche eine gute wirtschaftliche und soziale Stellung innehaben, neigen dazu, Reichtum als den Erfolg individueller Leistungen zu betrachten. Beziehungen sowie ein gutes Elternhaus halten jedoch die meisten Deutschen für die Hauptursachen des Reichtums.

11 Gedanken zu “Reichtum ist keine Frage der Leistung

  1. Tja, ein alter Hut, aber dennoch leseswert in Zeiten des »Sozialwashing« (von mir geprägter Begriff für den angeblichen Kursschwenk der neoliberalen Einheitspartei Deutschlands aus CDU/CSU/FDP/SPD/GRÜNEN in Richtung erhardtschem Sozial- bzw. Wohlfahrtsstaat) vor der Wahl 2009.

    Buchtipp von mir dazu, der Autor ist leider entfallen, aber den Titel weiß ich noch »Überflieger« — es hängt eben auch international nicht von irgend einer Leistung ab, ob jemand Popstar, Weltraumfahrer oder auch nur Wirtschaftsnobelpreisträger wird — alles eine Frage des familiären Umfeldes....auch in anderen Ländern....

    Gruß
    Nachdenkseiten-Leser

  2. Das ist wirklich ein alter Hut. In den meißten Fällen gilt: Geld will zu Geld. Wer keins hat, wird in den seltesten Fällen auch durch Leistung (im Rahmen eines normalintelligenten menschlichen Wesens) nicht zu einem »reichen« Menschen. Einerseits werden die Ersparnisse im H4-Fall gleich mal einkassiert, andererseits wird es ab einer gewissen Menge an Geld allein schon durch Zinsen (sagen wir mal 4%) ein erkläckliches Maß an Einkommen ohne Zutun des Vermögenden generiert. Kinder von Vermögenden haben per se mehr Möglichkeiten zum herausfinden ihrer Interessen und Fähigkeiten und müßen zumeißt nicht irgendwelche Ziele verfolgen die sie langfristig nicht interessieren, sondern sind in Ihrem Lebensweg relativ selbstbestimmt und damit letztendlich a: Leistungsfähiger (was mich interessiert, mache ich besser) und b: haben sie mehr Zeit um eine entsprechend Grundlage an Wissen und Fähigkeiten zu legen.

  3. @Epikur

    Du sagst es ;-)

    Oops....ich hab so eben den Titel gefunden: »Überflieger: Warum manche Menschen erfolgreich sind — und andere nicht (Broschiert)
    von Malcolm Gladwell (Autor), Jürgen Neubauer« — Wie schon gesagt, ich hab das Buch nicht gelesen, werde es aber nachholen, da es interessant ist.

    Was ich noch anmerken will ist übrigens folgendes:

    Es mag ein alter Hut sein, dass man mit Leistung nicht vorwärts kommt, und als Arbeitstier endet, aber anscheinend ist dies — wegen der medialen Verdummung via TV, Radio & Co. — noch nicht bei heutigen Jugendlichen angekommen. Ich seh es an meinem eigenen Lieblingsneffen, der will unbedingt »Millionär« und »reich werden« — spätestens bei Beginn der Lehrzeit kommt bei manchen die Ernüchterung. So war es bei mir auf jeden Fall ;-)

    Ist wohl ein generationenübergreifendes, und zeitloses, Phänomen, dass junge Menschen erst später erfahren wie die Welt wirklich tickt....

    Wie bereits erwähnt, ich dachte ähnlich wie mein Neffe, aber schon bei Beginn meiner Lehre dämmerte es mir, dass die Ungerechtigkeit in Deutschland wohl ein Klassenphänomen ist, dass stets geleugnet wird.

    Gruß
    Nachdenkseiten-Leser
    (gelernter Verwaltungs(fach)angestellter/Kommunalverwaltung)

  4. Was da noch fehlt, ist einfach die Herkunft. Wer den entsprechenden Stallgeruch hat, der hat es einfach leichter. Einmal weil er weiß, wie er sich zu benehmen hat und zum anderen macht man eben gern Geschäfte mit Seinesgleichen.
    Das ist z.B. die Deutschland einer der Hauptgründe, warum Spitzenmanager ganz selten aus der »Arbeiterklasse« kommen.

    Das gilt ähnlich auch für Selbständige. Jemand mit der »richtigen« Herkunft hat einfach leichter, ihm wird ein größeres Vertrauen eingeräumt als jemanden, der sich seine Stellung erarbeiten will.

  5. @gerhardq

    »[...]Das gilt ähnlich auch für Selbständige. Jemand mit der »richtigen« Herkunft hat einfach leichter, ihm wird ein größeres Vertrauen eingeräumt als jemanden, der sich seine Stellung erarbeiten will.[...]«

    Das stimmt, aber mit einer klitzekleinen Ausnahme — es gab Zeiten, da war die Selbständigkeit auch für Menschen ohne entsprechendes Auftreten bzw. »Stallgeruch« möglich.

    Mein Vater war so ein Ausnahmefall:

    Er hat sich vor 40 Jahren (Ära Brandt?) selbständig machen können, ohne Schulbildung, die ihm kriegsbedingt verwehrt blieb, aber er setzte auf eine damals aufkommende Branche — die Urlaubs- bzw. Tourismusbranche, und die Unterstützung eines Onkels von mir der damals bei der Schwäbisch Hall war.

    Soll heißen:

    Heute wäre so etwas unmöglich, aber in der brandtschen Ära war ja — wenn es nach den Machern von Nachdenkseiten geht — beides hohe Tiere in der damaligen Ära — so einiges möglich was dank Schröder/Fischer/Merkel/Steinmeier heute nicht mehr geht.

    Der Aufstieg auch für Ungelernte aus der Arbeiterschaft war damals kein Problem, und eine gewisse Partei mit einem »C« fühlte sich damals noch nicht allein Neoliberalen verpflichtet....

    Übrigens, unschwer zu erraten in welchem Bundesland mein Vater damals lebte — es war eines mit einer, mittlerweile schon bald 50-jährigen, CDU-Seilschaft....

    Gruß
    Nachdenkseiten-Leser

  6. Das wesentliche Problem ist doch auch. Erbringe ich gute Leistungen schaffe ich nicht nur mir Vermögen sondern auch demjenigen für den ich Arbeite. Der Abstand wird gleich bleiben. Das heißt über ein Angestelltenverhältnis lässt sich nur in Außnahmefällen eine Angleichung erreichen. Für die gesamte Wirtschaft bedeutet das, dass je fleißiger die Leute Arbeiten desto größer wird der Abstand. Einfach in den letzten Jahren zu sehen. Die Gewinne werden durch Mehrarbeit und Lohneinbußen erzeugt. Der Abstand wird größer obwohl im Mittel die Leistung gestiegen ist. Darum halte ich absolut nichts von diesem Begriff. Er soll verstecken, dass das System hochgradig ungerecht ist. Denn viele Leistungen der besserbezahlten können auch nur erbracht werden, weil eine Arbeitsteilung existiert. Somit gibt es so etwas wie Leistung auf jeden persönlich bezogen schon mal gar nicht.

  7. @ nachdenkseiten-leser

    Mein Vater war so ein Ausnahmefall:

    Er hat sich vor 40 Jahren (Ära Brandt?) selbständig machen können, ohne Schulbildung, die ihm kriegsbedingt verwehrt blieb, aber er setzte auf eine damals aufkommende Branche – die Urlaubs- bzw. Tourismusbranche, und die Unterstützung eines Onkels von mir der damals bei der Schwäbisch Hall war.
    ___________________

    Kommt mir bekannt vor, mein Vater ist auch so ein Ausnahmefall, allerdings mit Studium und nachfolgender kleiner Karriere. Damals gab es noch großzügig Bafög usw. und damit hat ers geschafft, obwohl er auch immer in den Semesterferien gearbeitet hat.

    Und ja, dank neuer Bafög-Regelungen im Bachelor-System wirds für Unterschichtenkinder immer schwieriger. Einmal die Klausur verhauen oder ein Seminar nicht gekriegt und das Bafög fällt komplett aus.
    Dabei ist ein verpatzter Schein/Klausur nicht wie ein Sitzenbleiben an der Schule zu werten. Ist einfach nicht dasselbe.
    Wenn immer alle Studis alle Scheine an einer bestimmten Uni machen, ist es entweder total verschult und korsetteng geschnürt oder es ist qualitativ minderwertig.

    DESHALB halten übrigens laut Statistik die allermeisten Studis in den angelsächs. Länder immer die Regelstudienzeiten ein: weil das Studium dort entweder grottenschlecht ist (Masse der angelsächs. Unis sind schlecht), das man garnicht durchfallen kann oder weil es korsetteng geschnürt ist: Eliteunis.
    Tatsache.

  8. Dass tatsächlich noch die Hälfte aller Deutschen glaubt, man würde durch Arbeit reich werden glaube ich ganz sicher ebenfalls nicht.

    Mit Sicherheit können dies nur jene glauben, die selber reich sind. Maximal 10% der Bevölkerung, und dies eben auch nur, weil sie sich ungern die Blöße gäben, ihr Reichtum hätte nichts mit Arbeit zu tun.

    Sie gleuben es also gar nicht, sie behaupten es einfach nur.

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