Suboptimale Experten

Seit 2002 ist die Bundeswehr in Afghanistan im Einsatz. Zahlreiche repräsentative Umfragen in Deutschland belegen, dass die überwiegende Mehrheit der Deutschen (60–80%), den Afghanistan-Einsatz ablehnt. Mit Ausnahme der LINKEN im Bundestag ignorieren die Parteien den Volkswillen und verlängern stattdessen jedes Jahr im Oktober das Mandat. Alle objektiven Fakten deuten daraufhin, dass der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr nach sechs Jahren zu keinen nennenswerten Verbesserungen für die Menschen in Afghanistan geführt hat – ganz im Gegenteil. Auf der Homepage des Verteidigungsministeriums erzählen nun »fünf unabhängige Experten« wie wichtig der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr sei. Über den Afghanistan-Einsatz und den Sinn von Experten.

Ein »Experte« (lateinisch für Sachverständiger) sollte sich zunächst dadurch auszeichnen, dass er auf einem bestimmten Wissensgebiet überdurchschnittliches Wissen, Fähigkeiten und Sachverstand mitbringt. »Experten« genießen in der Regel großes Ansehen und sind dadurch häufig institutionell bzw. an die Fachwelt gebunden. Ein »Experte« lebt in der Regel von seinem Ruf und wie oft er zitiert bzw. angefragt wird. Abweichende Meinungen innerhalb einer Fachwelt werden nur selten zugelassen und akzeptiert. Viele »Experten« positionieren sich daher in der Suppe des Mainstreams, des Einheitsbreis und auf die offizielle Seite der Regierung. Schließlich wollen sie in bestimmte Gremien zugelassen und auf schöne Positionen gewählt bzw. berufen werden. Die fünf »Experten«, die das Verteidigungsministerium nun aus dem Hut zaubert, um den Afghanistan-Einsatz entgegen dem Willen der deutschen Bevölkerung zu legitimieren, beweist wieder einmal, dass »Experten« häufig instrumentalisiert werden und insofern öfter angezweifelt werden sollten.

Da wäre z.B., Professor Dr. Johannes Warwick von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der meint, dass »die Option eines einseitigen Abzugs der Bundeswehr völlig verantwortungslos« wäre. Die Frage ist nun: für wen? Gegenüber den deutschen Interessen in Afghanistan? Oder gegenüber dem afghanischen Volk, dass im Jahre 2007 ganze 93% des Weltertrages von Opium hergestellt hat? Aber dazu meint Dr. Henning Riecke, dass »die afghanische Bevölkerung den Wideraufbau als Fortschritt und Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse erfahren« solle. In einem Land indem täglich 700 Kinder an Hunger sterben, die Analphabetenrate in den Städten bei 70% und auf dem Land bis zu 99% beträgt. Indem nur 10% der Bevölkerung über elektrischen Strom verfügen und knapp 25% über den Zugang zu sauberem Wasser. Die Bundeswehr hatte im Rahmen des ISAF- Einsatzes und der Rhetorik des Wiederaufbaus ganze 6 Jahre Zeit, die Lebensbedingungen der Menschen in Afghanistan zu verbessern – es ist kaum etwas geschehen.

Vielmehr wäre der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan unverantwortlich gegenüber Deutschlands Rohstoff- interessen. Schließlich steht im Weißbuch der Bundesregierung vom Jahre 2006, dass für die Bundeswehr »Energiefragen künftig für die globale Sicherheit eine immer wichtigere Rolle spielen« werden. Überraschend offen formuliert hierzu, Prof. Dr. Dr. h.c. Wilfried von Bredow (sollen mich diese Titel beeindrucken?), dass es in Afghanistan ja auch »um unsere Interessen« ginge. Wen er allerdings mit »uns« meint, sagt er nicht. Diese »Interessen« würden sogar ein paar Menschenleben rechtfertigen, so Bredow weiter. Zumindest gibt uns Dr. Henning Riecke einen Hinweis, welche Interessen gemeint sein könnten, indem er sagt, dass ja die »Koalitionsinterne Kohärenz« gewahrt bleiben solle, da sich sonst jeder mit »Friedfertigkeit auszustechen« versuche. Da die Mehrheit des Volkes gegen den Afghanistan-Einsatz ist – sich also mit Friedfertigkeit gegenseitig ausstechen — kann er damit nicht die Bevölkerung meinen.

Bei Prof. Dr. Joachim Krause bekommt man sogleich das Gefühl er ist der Vorleser von Verteidigungsminister Jung. Unverblümt sagt er, man müsse das Bundeswehr Kontingent aufstocken, denn es sei ja viel zu »gering«, um »auf Dauer erfolgreich sein zu können«. Er zeigt uns sogar auf, was Jung evtl. demnächst verkünden könnte: »Wir werden die Stabilisierungsoperation nur dann erfolgreich beenden können, wenn wir bereit sind, mit unseren Verbündeten an der Bekämpfung der Taliban teilzunehmen«.

Zusammenfassend lässt sich sagen, ist die Propaganda des Verteidigungsministeriums nicht mehr zu überbieten. Fünf vermeintliche »Experten«, die alle den Afghanistan-Einsatz der Bundesregierung befürworten, sind scheinbar völlig realitätsfern vom Alltag und der Situation nach 6 Jahren Bundeswehr in Afghanistan. Stattdessen schmeißen sie mit den üblichen positiv konnotierten Gummiwörtern, wie Wiederaufbau, Schutz von zivilem Aufbau und Kampf gegen die Taliban und den Terrorismus um sich. Mein Glaube, es gebe vermeintliche Sachverständige, die unabhängig und vor allem realitätsnah sind, ist abermals erschüttert worden.

Links Zum Thema Antimilitarismus:

»Informationsstelle Militarisierung

»Kampagne gegen Wehrpflicht

Ein Gedanke zu “Suboptimale Experten

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