Man könne meinen das in Deutschland US-Serien einem Stigma unterworfen seien, dass sie nur für die jüngere Generation als Zielgruppe relevant sind und zwingend seichte Unterhaltung darstellen. Das sie in aller Regel vor allen Dingen unterhalten wollen ist wohl nicht abzustreiten und von echtem Tiefgang würde man wohl auch selten sprechen. Allerdings gibt es diverse Produktionen die sowohl vom technischen Aufwand als auch von der dramaturgischen Dichte soviel Qualität bieten, dass sie es nicht verdient haben in Deutschland auf einem Sender ausgestrahlt zu werden, dessen Zuschauer mit der Pubertät langsam in die Jahre kommen. Bevor RTL II die Rechte an einer der aufwendigsten Serienproduktionen überhaupt »Heroes« erwarb, wurde bereits die erste Staffel von »Rome« ausgestrahlt, eine sehr ambitionierte Produktion, die den Werdegang von zwei fiktiven römischen Bürgern und Legionären zeigt in der Zeit um den Aufstieg Gaius Julius Caesars und in der zweiten Staffel auch nach dessen Ermordung.

Lucius Vorenus & Titus Pullo
Lucius Vorenus & Titus Pullo

Lucius Vorenus und Titus Pullo lernen sich als Legionäre in Julius Caesars Armee während des Gallienfeldzuges kennen. Sie erhalten den Auftrag die gestohlene Standarte Caesars wiederzubeschaffen und retten dabei zufällig den in Gefangenschaft geratenen Großneffen Caesars Gaius Octavius. Von da an ist ihr Werdegang mit den Mächtigen und Adligen Roms auf geradezu mystische Weise verwoben und die beiden Protagonisten werden trotz großer Unterschiede Weggefährten.


Das Besondere dabei ist, dass die Serie den Übergang Roms von der Republik hin zur Tyrannei aus einerseits der Sicht zweier mehr oder minder einfacher Bürger zeigt und andererseits die Machthaber und Adligen die deren Leben maßgeblich bestimmen. Dabei widerstehen die Produzenten weitestgehend der Versuchung das Bild des antiken Roms verklärt darzustellen und es entsteht eine Atmosphäre die das Potential für Authentizität in hohem Maße vermittelt. Wie historisch akkurat die Darstellungen tatsächlich sind und in einem Unterhaltungsmedium sein können sei dahingestellt, aber zumindest hat man als Zuschauer nicht das latente Gefühl, die Charaktere, Dramaturgie und das Setting wären auf einfache Art und Weise für die Erwartungshaltung des TV-Konsumenten angepasst. Und auch wenn bestimmte Strukturen nicht mal der einer Soap unähnlich sind, sollte man mit romantisierten Darstellungen von Beziehungen zwischen den Figuren nicht rechnen.

Die Protagonisten gehen dabei mit gutem Beispiel voran, so ist vor allem Lucius Vorenus ein tadelloser Mann von Prinzipien und ein sehr anerkannter Bürger Roms. Dabei liegt aber die Betonung auf dem antiken Rom, den die vorherrschenden Moralvorstellungen sind kaum mit der von aufgeklärten Menschen der Moderne zu vergleichen (oder eben doch?). So sind Sklaverei, uneingeschränkte Obrigkeitshörigkeit und die klar patriarchalische Strukturierung der Familie feste Größen in Vorenus’ Weltbild. Titus Pullo ist dagegen eher einfacher strukturiert und konzentriert sich eher auf den persönlichen Lustgewinn und hat dabei eher flexible Moralvorstellungen. Auch ist sein Verhältnis zu Autoritäten im Gegensatz zu Vorenus ein Ambivalentes, wenngleich er ein hohes Maß an Loyalität denen gegenüber aufweist denen er sich tatsächlich verpflichtet fühlt. Aber auch er stellt die gesellschaftlichen Strukturen nicht in Frage sondern versucht vorrangig ein möglichst großes Stück des Kuchens für sich zu beanspruchen.

Rome Gewalt Die Darstellung von Gewalt und Sex ist dabei zum einen quantitativ als auch qualitativ für eine Fernsehserie auf sehr hohem, ich würde vermuten mit auf dem höchsten, Niveau, wirkt aber zweckmäßig im Kontext einer Gesellschaft die zum einen in hohem Maße an Dekadenz und Korruption leidet und zum Anderen stark expansionistisch und militaristisch geprägt ist. So ist die Identifikation mit den Protagonisten für den Zuschauer eine sehr ambivalente Angelegenheit, da sie im Gegensatz zu vielen der Machthaber zwar authentisch wirken, dabei aber, speziell im Fall von Pullo, ein gewalttätiges Potential aufweisen, welches man lieber von sich weisen würde.

Die Serie wirft die Frage auf inwiefern sich die moderne Gesellschaft und damit auch der moderne Mensch tatsächlich von der damaligen unterscheidet. Das antike Rom wird als Megalopole der Antike dargestellt: Ein Schmelztiegel der Kulturen, das Zentrum der Macht und gleichzeitig der Ort an dem Prunk und Armut aufeinandertreffen. Gerade die Darstellung vieler Machthaber die mit allen Mitteln nach mehr Macht, bzw. Machterhalt streben, lässt die Frage zu, ob es nicht eine Art Machtkultur gibt die in der Antike, mit dem Verlassen archaischer Strukturen, ihren Ursprung fand und bis heute nach den gleichen Prinzipien funktioniert.

Auch wenn Serien mit historischem Hintergrund bei mir auf besondere Gegenliebe stoßen, ist »Rome« unabhängig davon eine Serie, die dramaturgische Dichte, interessant dargestellte historische Figuren und charakterlich glaubhafte fiktive Figuren zu einer Melange formt, die Seinesgleichen sucht.

by todesglupsch



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