Rogowski Chefsache!

Rogowski »In betont unaufgeregter Late Night Atmosphäre diskutiert Michael Rogowski monatlich mit Gästen aus Wirtschaft und Politik vor Live-Publikum in Berlin die Zukunft des Standorts Deutschland«. Soweit N – TV. »Betont unaufgeregt« ist auch die Tatsache, dass der nette Unternehmer Michael, lange Jahre Chef des BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie) war, als Moderator der Sendung weder unparteiisch noch objektiv ist, sowie in der Sendung gerne seine Wünsche an die Politik äußert, welche sonst Lobbyisten eigentlich immer hinter verschlossenen Türen formulieren.

Heute hat der Rogowski Wolfgang Clement, den Super – Wirtschaftsminister und Arndt G. Kirchhoff, Unternehmer und Mitglied des Mittelstandsausschuss des BDI, zum Plausch geladen. Dass der freundliche Arndt auch vom BDI ist, kann nur ein blöder Zufall sein. Alsdann beginnt der Michael sofort Nietzsche zu zitieren, indem er sagt, dass die Deutschen ja schon immer an einer ursächlichen Angst leiden würden. Die hohe Sparquote, die fehlende Binnennachfrage und die Ablehnung der Sozialabbau Reformen in Deutschland, haben also nichts mit einem neoliberalen Zeitgeist zu tun, der sich für die sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Verhältnisse nicht interessiert, sondern mit Nietzsche. Vergleichsweise hohe Kinderarmut, steigende Massenarbeitslosigkeit, seit Jahren sinkende Reallohn Entwicklungen, Praxisgebühren, Nullrunden für Rentner und Hartz IV sind dabei in Deutschland nur nebensächlich zu betrachten. Wir sind einfach ein Volk von verdammten Hosenscheißern! Gut, dass das endlich mal jemand ausgesprochen hat!

Rogowski Im Laufe der Sendung fragt der Michael seinen BDI Kumpel Arndt, nach seinen drei Wünschen an die Politik. Der Arndt, wie aus der Kanone geschossen, lässt die üblichen neoliberalen Kampfvokabeln ab: »Staatsquote senken« (-> mehr Marktradikalismus), »Bürokratieabbau« (-> natürlich nur die Bürokratie, die den Unternehmern im Weg ist), »mehr Eigenverantwortung« (-> weniger Solidarität für alle), »betriebliche Mitbestimmung fördern«    (-> Tarifverträge aushebeln), »staatliche Sozialleistungen weiter senken« (-> um endlich ein Niedriglohnsektor etablieren zu können), »Private Altersvorsorge« (-> die Banken und Versicherungen müssen mal wieder was verdienen!) und so weiter und so fort. Das aus drei Wünschen, ein paar mehr geworden sind, fällt dabei nicht weiter auf – denn der sprichwörtliche Geist aus der Lampe, welcher einem drei Wünsche gewährt, war ja eh nur ein intellektueller Geniestreich des Herrn Rogowski. Der Michael nickt also seinem BDI Kumpanen zustimmend zu und wirft sofort einen fragenden Blick zu Wolfgang: »Wie siehts denn damit aus, Herr Clement?« Sollte hier der Anschein einer öffentlichen Lobbyarbeit entstehen, dann täuscht das. Es ist nur eine betont unaufgeregte Late Night Atmosphäre mit den obligatorischen N –TV Börsenstreams am unterem Bildschirmrand.

Rogowski Am Ende der Sendung überreicht Unternehmer Rogowski den Herrn Clement eine Geburtstagstorte, schließlich ist der heute 65 Jahre alt geworden. Dass diese Szene genauso charmant und sympathisch rüberkommt, wie wenn man Mami nach mehr Taschengeld anbettelt, versteht sich von selbst. Auch kann es Wolle natürlich nicht lassen, am Ende der Sendung die anwesenden Unternehmer an Artikel 14 unseres Grundgesetzes zu erinnern: »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll dem Wohle der Allgemeinheit dienen«. Den Gesichtern nach zu urteilen, fanden sie das ganz schön frech von Herrn Clement. Aber ganz so übel werden sie es ihm auch nicht genommen haben, schließlich hat er die »Ausbildungsplatzabgabe« verhindert und einen »nationalen Pakt für Ausbildung« bevorzugt, welcher doch viel angenehmer für alle anwesenden hier ist. »Happy Birthday, Wolfgang!«


Als Neoliberalismus wird die wirtschaftspolitische Theorie bezeichnet, welche den Einfluss des Staates auf das Wirtschaftsgeschehen minimieren will, es jedoch als notwendig ansieht, das der Staat die Sicherstellung funktionierender Märkte vorantreibt.   ^

by epikur