Eine himmlische Familie

Über die Qualität des Fernsehprogramms gibt es teilweise massive Diskussionen, wobei diese inzwischen oft mit dem konstatierenden Ergebnis enden, dass schon vor langer Zeit die Entwicklung des selbigen in die falsche Richtung gegangen ist und einfach auf einem irreversibel schlechten Niveau liegt. Oft beziehen sich diese Diskussionen primär auf die plakativ, und meist visuellen, Aspekte der aktuellen TV-Produktionen, die fast alle in irgendeiner Form den Voyeur in uns ansprechen sollen und weniger um deren Inhalte (da diese ja meist ohnehin nicht der Rede wert sind).

Camdens an der Tür Aber auch bei klassischeren Formaten wie Fernsehserien ist genug Spielraum, nur durch den Inhalt für Diskussionsstoff zu sorgen. Mein persönlicher Favorit auf diesem Gebiet ist die von dem nicht ganz unbekannten Aaron Spelling produzierte Serie »Eine himmlische Familie« oder im Original »Seventh Heaven«.

Die Serie handelt von der Familie Camden, einer Familie aus dem gutbürgerlichen gehobenem US-amerikanischen Mittelstand, die das ganze Haus bis obenhin voll hat mit Kindern. Der Vater ist Pfarrer in der örtlichen Gemeinde, während die Mutter das Haus hütet. Der Zuschauer darf in unzähligen Staffeln, inzwischen die Siebte, miterleben wie die Kinder heranwachsen und die Eltern versuchen diese riesige Familie zu managen.

Camden'scher Telefonterror 1 Die gesamte Familie wirkt dabei auf mich wie die fleischgewordene Manifestation feuchter erzkonservativer US-Träume (auch wenn natürlich für eine moderne Fernsehserie um die Zielgruppe nicht unnötig zu beschränken, Zugeständnisse gemacht werden). Die Familie ist, zwar nicht klassisch aber doch patriarchalisch organisiert, die Mutter ist in erster Linie eben Mutter, alle Familienmitglieder sind gläubig, alle Familienmitglieder sehen aus wie aus dem Ei gepellt und der Hund heißt auch noch "Happy". Natürlich hat die Familie in sieben Staffeln eine Menge schwerer Zeiten die Ihr von unserem Schöpfer aufgebürdet worden zu überstehen, die sie immer wieder vor fundamentale moralische Entscheidungen stellt. Aber am Ende wird für unsere rechtschaffende Familie natürlich immer alles gut werden, spätestens beim jüngsten Gericht. Die Kinder bewegen sich meist zwischen »müssen von den Eltern disziplinarisch angeleitet werden, damit sie den Pfad der Tugend nicht verlassen« und »Ich bin ja so stolz darauf , dass mein Kind so selbstständig und bibelfest ist«.

Die Serie zeigt natürlich auch das gute US-Bürger sich politisch klar positionieren, wie man in den Folgen »Zerwürfnisse« 1 und 2 (oder besser noch Originaltitel »Holy War«) sehen kann. Der älteste Sohn Matt möchte eine Jüdin heiraten , deren Vater natürlich auch noch Rabbiner ist. Camden'scher Telefonterror 2Das sorgt zwischen »toleranten und modernen Familien«, wie den in dieser Serie gezeigten, natürlich für ein paar Spannungen die sich natürlich lösen lassen. In einem Dialog zwischen Matt und seiner Verlobten, kommen die beiden auf das Thema Politik zu sprechen und Matt stellt klar das er ein großer Anhänger von Präsident Bush ist, während seine Verlobte sich zur demokratischen Partei bekennt. Mal davon abgesehen, dass ich politische Aussagen (wenn diese auch eher der Sparvariante der politischen Aussage entsprechen, was die Sache eher schlimmer als besser macht) in vermeintlichen Unterhaltungsserien für bedenklich halte, ist dieses Statement auch noch absolut massenkompatibel und entspricht wunderbar dem Zwei-Parteien-System in den USA.

In der Folge »Für Ehre und Vaterland« (»The Known Soldier«) hat die zweitjüngste Tochter Ruthie für ein Schulprojekt e-mail Kontakt mit dem 21-jährigen US-Soldaten Sgt. Morgan in Afghanistan, der dort im »War on Terrorism« engagiert ist. Es kommt wie es kommen musste und Sgt. Morgan fällt im Einsatz und der Großvater von Ruthie John Camden, selbst Soldat in der US-Army und deshalb von allen Familienmitgliedern auch nur »The Colonel« genannt, kommt vorbei um Ihr dies persönlich mitzuteilen. Da Vater praktischerweise Pfarrer ist hält er einen Gedenkgottesdienst für Sgt. Morgan ab (inklusive echter Marines, die gerade Folterpause haben müssen), in welcher er einen pathetischen Nachruf auf Sgt. Morgan abhält. Außerdem ruft er die Gläubigen auf am darauffolgenden Tag gute Taten im Namen von Sgt. Morgan zu vollbringen. Das funktioniert natürlich auch wunderbar und die Welt ist ein bisschen besser. Auf diese Weise ist Ruthie beruhigt und alles kann seinen Gewohnten lauf gehen. Sgt. Morgan ist wohl ein tatsächliches Opfer in Afghanistan gewesen und dies macht diese Folge noch unglaublicher als sie ohnehin schon ist. Die Amerikaner schicken Ihre Kinder in ein weit entferntes Land, wo sie einen fraglichen Krieg ausfechten müssen, und wenn es dann die unweigerlichen Verluste gibt, werden diese dann für eine fiktive Serie ausgeschlachtet. Sgt. Morgan wird hier dargestellt als ob er sein Leben für den Schutz der amerikanischen Bevölkerung vor dem Terrorismus gegeben hätte. Die klassische Darstellung eines Helden, großartig ausgeschlachtet für eine »Familienserie«. Wenn ich mir einen 21-jährigen Soldaten fern der Heimat, in einem gottverlassenen Land vorstelle, denke ich kaum an einen Helden, eher an verängstigtes Kind. Ich bin mir nicht sicher, ob da nicht einfach jemand Postum zu propagandistischen Zwecken missbraucht wird, in jedem Fall halte ich es aber für absolut unpassend tatsächliche Kriegsopfer in Serien die nicht dokumentarischen Charakters sind zu thematisieren und schon gar nicht auf so einseitige Weise, da fraglich ist ob dies im Sinne des Opfers gewesen wäre.

Auch wenn ich keine komplette Übersicht über diese Serie habe, beschleicht mich das Gefühl das diese Serie ein wenig der »Wolf im Schafspelz« ist, auf den ersten Blick eine einfache Unterhaltungsserie für die ganze Familie, denke ich bietet sie bei genauerer Betrachtung mehr als genug ideologischen Sprengstoff. Ich denke fast, hier hätte die »Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften« tatsächlich mal die Chance zu zeigen was sie drauf hat.

Cast


by todesglupsch