Ein schwarzer Tag für Demokratie

Bush gewinnt 2004 die Präsidentschaftswahlen zum zweiten Mal und die Welt ist geschockt.
Mich eingeschlossen.

George W. Bush ist für vier weitere Jahre amerikanischer Präsident. Als mächtigster Mann der Welt, ist er mit seiner Politik bestätigt worden. "Wie konnte das nur passieren, nach allem was passiert ist?", fragt sich die Welt. Nicht ohne Grund, ist George W. Bush wahrscheinlich der weltweit unbeliebteste Präsident, den die USA je hatte.

Er hat innen - sowie außenpolitisch auf fast allen politischen Ebenen vollkommen versagt. Seit er an der Macht ist, gibt es mehr Arbeitslose und weniger krankenversicherte Menschen in den USA als zu Clintons Zeiten. Bill Clinton hat ihm einen positiven finanziellen Haushalt hinterlassen, den George Bush bis heute maßlos überzogen hat. Die USA sind heute in Milliardenhöhe finanziell verschuldet, was nicht zuletzt Bush's Angriffskrieg gegen den Irak und den Steuersenkungen bei den Superreichen zu verdanken ist. Naturreservate in Alaska wurden für Ölbohrungen geöffnet, um der Erdölindustrie für die milliardenschwere Unterstützung im Wahlkampf 2000 zu danken. Er hat das Kyoto Protokoll vollständig abgelehnt, und damit dem weltweiten Kampf gegen Klimawandel und Umweltverschmutzung eine Absage erteilt. In Guantanamo Bay wurde ein rechtsfreier Raum geschaffen und damit wurden Menschenrechte und Jahrhunderte der Rechtsprechung mit Füssen getreten. Der internationale Gerichtshof, der eine unabhängige Justiz symbolisiert, wurde abgelehnt und die Arroganz der Macht demonstriert. Er hat einen völkerrechtswidrigen und sehr fraglichen Angriffskrieg gegen den Irak geführt, obwohl er weder Massenvernichtungswaffen beherbergte, noch nachgewiesen wurde, dass Saddam Hussein mit der Al kaida zusammen gearbeitet hat. Er hat Sharon und damit dem israelischen Militär freie Hand gelassen und so den Palästina Konflikt weiter verschärft. Er hat die politische Welt und insbesondere das amerikanische Volk gespalten: "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!" Und weder er, noch sonst jemand in seinem Kabinett hat die politische Verantwortung, für die Folterungen im Gefängnis von Abu Ghraib, übernommen. Stattdessen wurden, quasi als Alibi - Handlung, ein paar Soldaten demonstrativ verurteilt und damit sollte das Thema für die Weltöffentlichkeit abgehakt sein. Von einer unabhängigen, lückenlosen und der Öffentlichkeit zugänglichen Aufklärung kann hier keine Rede sein.

Andrang
Großer Andrang vor dem Wahllokal
in Downtown Boston
Und trotzdem wurde er wiedergewählt! Was läuft da nur schief in den USA? Ich weiß nicht, was schlimmer ist: weitere vier jahre einen amerikanischen Präsidenten, der mehr wie ein Despot als ein demokratischer Volksvertreter handelt oder die Tatsache, dass ein Großteil des amerikanischen Volkes diese Tatsache begrüßt und ihn wiedergewählt hat. Obwohl man ausdrücklich erwähnen muss, dass es auch in den USA großen Widerstand gegen George W. Bush gibt. Nur leider haben amerikanische Medien mit ihrer ständigen Angstmacherei vor einem erneuten Terroranschlag, Hurra - Patriotismus und eine verlogene Moraldebatte über die Vernunft gesiegt. Ein schwarzer Tag für die Demokratien dieser Welt.

Laut NBC und anderer amerikanischer Fernsehstationen gab es eine "Rekordbeteiligung" an der Wahl. Da laut Umfragen und Statistiken die Wahl sehr knapp sein würde, viele junge Wähler beider Parteien mobilisiert wurden und nicht zuletzt beide Parteien aus dem Wahlkampf eine Riesenparty für alle machten, wurden am Ende die Wahlhäuser "gestürmt." Viele Menschen mussten stundenlang anstehen, um Ihre Stimme abgeben zu dürfen. Tatsächlich gingen aber nur rund 60% der Wahlberechtigten zur Wahl. Bedenklich sind für mich dabei zwei Tatsachen:

Erstens eine 60%ige Wahlbeteiligung in einer modernen Demokratie (=Volksherrschaft) als "Rekordwahl" zu bezeichnen und dabei außer acht zu lassen, dass die restlichen 40% aller Wahlberechtigten nicht zur Wahl gegangen sind, halte ich für eine sehr einseitige Betrachtungsweise. Schließlich wäre es doch mal sehr interessant zu erfahren, welche Gründe diese Menschen haben, nicht zur Wahl zu gehen. Mögliche Gründe wären da, Politikverdrossenheit, das zwei Parteien System der USA (welches sich inhaltlich immer weniger voneinander unterscheidet) und vielleicht politischer Protest in Form des Nichtwählens. Da aber diese Betrachtungsweise vielleicht ein wenig Selbstkritik oder zumindest etwas Selbstreflexion der (und nicht nur der) amerikanischen Politiker erfordert, wurde es erst gar nicht thematisiert. Stattdessen ruft man eine "Rekordwahl" aus, die historisch und mathematisch betrachtet auch eine war, da in der Vergangenheit noch viel weniger als 60% zur Wahl gegangen sind; nur gesellschaftspolitisch betrachtet halte ich eine 60%ige Wahlbeteiligung (und noch viel weniger erst recht!), bei einer Präsidentschaftswahl, nicht für einen Rekord, sondern für eine Katastrophe.

Zweitens finde ich es sehr merkwürdig, das die Wahlhäuser auf diesen "Ansturm" nicht vorbereitet waren. Die größte Wirtschaftsmacht der Erde, mit der größten Militärmaschinerie die es gibt usw. usf., bekommt es nicht hin ein reibungsloses Wahlsystem, mit einer reibungslosen Wahl hinzubekommen? Wieviele hingehen, darf keine Rolle spielen. Darauf müssen sie einfach vorbereitet sein. Das ist ihre verdammte Pflicht, die Basis einer jeden Demokratie - das Wählen - geordnet, gerecht und diszipliniert abzuhalten. Man könnte fast glauben, dass da jemand oder auch eine Gruppe von Menschen kein wirkliches Interesse an einer geordneten und fairen Wahl hat. Schließlich soll der überwiegende Teil der Menschen, die zur Wahl gegangen sind, sonst aber eigentlich nicht wählen gehen, für Kerry gestimmt haben.

Kandidaten 2008?
Heiße Anwärter für 2008:
Hillary Clinton und Arnold Schwarzenegger*
Nach politischen Meinungs - und Forschungsinstituten hat George W. Bush die Wahl vor allem mit dem Thema "Moral" gewonnen. Gerade bei diesem Thema hat sich für mich erneut die typische "Doppelmoral" vieler Amerikaner gezeigt. Wie kann man George W. Bush eine große Kompetenz beim Thema Moral zusprechen? Nur weil er die Homo - Ehe und die Abtreibung lauthals abgelehnt hat? Und er sich lauthals zum Christentum bekennt? Und was ist mit Guantanamo Bay und den Folterungen in Abu Ghraib?
Was ist mit dem ungerechtfertigten Angriffskrieg gegen den Irak? Was ist mit der Rüstungsindustrie und der Waffenlobby, die hinter Bush stehen? Anscheinend wurde das von vielen Amerikanern ausgeblendet und eine Definition der Moral angenommen, die die christlichen Fundamentalisten Amerikas für sie formuliert haben: "Die Achse des Bösen bekämpfen."

Nicht nur George Bush hat gewonnen. Auch die Rüstungsindustrie, die NRA (National Rifle Association), die Erdölindustrie, die christlichen Fundamentalisten, die politischen Rechten - kurzum alle erzkonservativen, neoliberalen Kräfte Amerikas, die die Republikaner unterstützen und mitfinanzieren, wurden gestärkt. Im Kongreß haben sie nun die absolute Mehrheit. Und der amerikanische Gerichtshof besteht bald nur noch aus den politischen Rechten. Disneyland und Mcdonalds sind ziemlich hässlich geworden dieser Tage.

*= Momentan wird über einen Verfassungszusatz diskutiert, der es Ausländern, die lange in den Vereinigten Staaten gelebt haben, ermöglicht, für das Präsidentenamt zu kandidieren.


by epikur
Startseite